Frankreich verhängt 40-Millionen-Bußgeld gegen Adtech-Unternehmen Criteo

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Die französische Datenschutzbehörde CNIL hat ihr bereits seit Ende 2018 laufendes Prüfverfahren gegen das französische Adtech-Unternehmen Criteo abgeschlossen und aufgrund mehrerer festgestellter Datenschutzverstöße ein Bußgeld in Höhe von 40 Millionen Euro verhängt. Hintergrund des Verfahrens waren von Privacy International und NOYB eingereichte Beschwerden, welche sich auf die offenbar mangelhafte Möglichkeit zum Widerruf einmal erteilter Einwilligungen für Onlinewerbung gegenüber Criteo bezogen. Die CNIL nahm die Beschwerden zum Anlass, eine umfangreiche Prüfung des Unternehmens durchzuführen und bezog insofern auch andere Aspekte der DSGVO-Compliance des Unternehmens mit ein.

Criteo ist ein bekanntes Unternehmen aus der Onlinemarketing-Branche, welches sich auf Retargeting-Dienste spezialisiert hat. Besuchen Nutzer Websites von Criteo-Partnern, erfasst ein Tracker (Cookie) die Browser-Daten der Nutzer. Hierdurch kann das Unternehmen das Surfverhalten der Nutzer analysieren und ihnen im Auftrag seiner Kunden so auf sie abgestimmte, personalisierte Werbung anzeigen.

Welche Verstöße wurden von der CNIL festgestellt?

Folgende Verstöße, für welche Criteo bereits Abhilfemaßnahmen getroffen haben soll, wurden von der CNIL festgestellt:

Verstoß gegen die Nachweispflicht der Einwilligung

Die CNIL betonte, dass nach den einschlägigen Gesetzen der Criteo-Tracker nur nach Einholung der Einwilligung der Nutzer auf deren Geräten platziert werden darf und die Einholung der Einwilligung der Nutzer zwar in den Verantwortungsbereich der Datenpartner von Criteo fällt, das Unternehmen aber dennoch überprüfen und nachweisen muss, dass die jeweiligen Nutzer tatsächlich ihre Einwilligung gegeben haben.

Die Behörde stellte jedoch fest, dass einige Partner den Tracker von Criteo komplett ohne Einwilligungsmechanismus verwendeten. Darüber hinaus hatte Criteo keine Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass seine Partner die Einwilligung von Nutzern einholten, deren Daten es verarbeitete. In dieser Hinsicht stellte die CNIL insbesondere fest, dass die Verträge zwischen Criteo und seinen Datenpartnern keine Verpflichtung für die Datenpartner enthielten, Criteo die Einwilligung der Nutzer nachzuweisen, und dass das Unternehmen keine diesbezüglichen Prüfungen durchgeführt hatte.

Laut CNIL hat Criteo nun seine Verträge mit seinen Datenpartnern geändert und eine Klausel hinzugefügt, die die Datenpartner verpflichtet, Criteo auf Anfrage und zu jeder Zeit einen Nachweis über die Einwilligung der Nutzer zu liefern.

Verstoß gegen die Informations- und Transparenzpflicht

Die Datenschutzerklärung von Criteo führte einige Verarbeitungszwecke gar nicht auf. Auch waren einige Verarbeitungsvorgänge nur vage beschrieben, sodass Nutzer nicht verstehen konnten, welche Daten für welche Zwecke verarbeitet werden.

Insbesondere in Bezug auf den letztgenannten Punkt wies die CNIL auf die unverständliche und widersprüchliche Art und Weise hin, mit der Criteo die Nutzer in seiner Datenschutzerklärung informierte, da bestimmte Verarbeitungszwecke, die Criteo auf berechtigten Interessen stützte, in Wirklichkeit eng mit der Verarbeitung personenbezogener Daten für personalisierte Werbung verbunden waren, die, wie Criteo auswies, auf einer Einwilligung beruhte.

Weitere Verstöße

Die CNIL stellte im Übrigen die folgenden weiteren Verstöße fest:

Missachtung von Auskunftsanfragen

Auskunftsanfragen von Nutzern wurden von Criteo nur unvollständig und für Nutzer nicht verständlich beantwortet. 

Nichtbeachtung des Widerrufsrechts und des Rechts auf Löschung

Widerriefen Betroffene ihre Einwilligung oder baten um Löschung ihrer personenbezogenen Daten, wurde von Criteo die Ausspielung personalisierter Werbung für diese Betroffenen zwar eingestellt, allerdings wurden weder die der Person zugewiesene Tracking-ID noch die mit ihr verbundenen personenbezogenen Daten wirksam gelöscht.

Verstoß gegen die Pflicht des Abschlusses einer Vereinbarung zwischen gemeinsam Verantwortlichen (Joint Controller Agreement)

Die zwischen Criteo und seinen Partnern geschlossene Vereinbarung wies Mängel in Bezug auf die Spezifizierung der datenschutzrechtlichen Pflichten der für die Verarbeitung Verantwortlichen auf, etwa im Hinblick auf die Ausübung von Betroffenenrechten.

Welche Bedeutung hat der Fall für Unternehmen aus der Onlinemarketing-Branche?

Der Fall zeigt, wie aus einer vergleichsweise kleinen Prüfung eine weitreichende Überprüfung der datenschutzrechtlichen Dokumentation und Umsetzung im Unternehmen werden konnte.

Bemühungen um die Einhaltung des Datenschutzrechts sollten daher innerhalb eines Unternehmens priorisiert werden, um das Risiko erheblicher Geldbußen für Verstöße gegen die DSGVO zu verringern.

Unternehmen aus der Onlinemarketing-Branche sollten sich die einzelnen von der CNIL angesprochenen Punkte genauer ansehen und ihre Umsetzung bei sich überprüfen, insbesondere mit Blick auf (a.) den Nachweis der Nutzer-Einwilligung und (b.) die Informations- und Transparenzpflichten nach der DSGVO.

Wir beraten und unterstützen Sie hierbei gern.

EU-US Data Privacy Framework: EU-Kommission veröffentlicht Angemessenheitsbeschluss für Datentransfers in die USA

Die Europäische Kommission hat heute den lange erwarteten Angemessenheitsbeschluss für die neue EU-US-Datenschutzvereinbarung („EU-US Data Privacy Framework“) veröffentlicht. Der Beschluss stellt fest, dass die Vereinigten Staaten nunmehr ein angemessenes Schutzniveau – vergleichbar mit dem der Europäischen Union – für personenbezogene Daten gewährleisten, die auf der Grundlage des neuen Rahmens aus der EU an US-Unternehmen übermittelt werden. Auf der Grundlage des neuen Angemessenheitsbeschlusses können personenbezogene Daten also „gefahrlos“ aus der EU an US-Unternehmen, die an dem neuen Programm teilnehmen, übermittelt werden, ohne dass zusätzliche Datenschutzvorkehrungen getroffen werden müssen.

Welche Maßnahmen sieht die neue Vereinbarung vor?

Die jetzt geltende Vereinbarung zwischen der EU und den USA führt neue verbindliche Vorgaben ein, um die vom Europäischen Gerichtshof im berühmten „Schrems II“-Urteil geäußerten Bedenken auszuräumen, einschließlich einer Beschränkung der Zugriffrechte von US-Geheimdiensten auf EU-Daten auf das „notwendige und verhältnismäßige“ Maß und sogar der Einrichtung eines unabhängigen Datenschutzüberprüfungs-„Gerichts“ (DPRC), zu dem EU-Bürger Zugang haben. Das neue Programm sieht erhebliche Verbesserungen gegenüber dem alten Mechanismus vor, der unter dem so genannten „Privacy Shield“-Programm galt. Stellt das DPRC beispielsweise fest, dass Daten unter Verstoß gegen die neuen Vorgaben erhoben wurden, kann es die Löschung der Daten anordnen.

Der neue EU-US-Datenschutzrahmen soll so einen sicheren Austausch für Daten von EU-Bürgern gewährleisten und Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks Rechtssicherheit bieten. Hintergrund der Entscheidung der EU-Kommission war eine Vereinbarung mit der US-Regierung, die darauf aufbauend wesentliche neue Verwaltungsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten von EU-Bürgern erlassen.

EU-Bürger können bestimmte Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen, wenn ihre Daten von US-Unternehmen rechtswidrig verarbeitet werden. Darüber hinaus sehen die neuen Regelungen auf US-Seite eine Reihe von Garantien gegen den ungehemmten Zugriff von US-Behörden auf Daten vor, die auf der Grundlage des Programms übermittelt werden, insbesondere für Zwecke der Strafverfolgung und der nationalen Sicherheit. Der Zugang zu den Daten soll auf das Maß beschränkt werden, das zum Schutz der nationalen Sicherheit notwendig und verhältnismäßig ist.

Wie geht es jetzt weiter?

US-Unternehmen können dem Programm nun beitreten, indem sie sich gegenüber der US-Regierung verpflichten, eine Reihe bestimmter Datenschutzregeln einzuhalten, darunter zum Beispiel die Verpflichtung, personenbezogene Daten zu löschen, wenn sie für den Zweck, für den sie erhoben wurden, nicht mehr erforderlich sind, und eine Kontinuität des entsprechenden Schutzes zu gewährleisten, wenn personenbezogene Daten wiederum an Dritte weitergegeben werden. Es ist davon auszugehen, dass die großen Anbieter wie Google und Facebook zu den ersten Unternehmen gehören, die in das Register der US-Regierung aufgenommen werden und dass über die nächsten Monate nach und nach alle relevanten Dienstleister folgen werden.

Europäische Unternehmen müssen dann nur prüfen, ob ihre Anbieter bereits dem neuen Programm unterfallen und einen entsprechenden Hinweis in ihre Datenschutzerklärung aufnehmen. Mehr ist dann tatsächlich nicht zu tun.

Wird die neue Regelung Bestand haben?

Das Funktionieren der neuen Vereinbarung soll in regelmäßigen Abständen von der Europäischen Kommission zusammen mit Vertretern der europäischen Datenschutzbehörden und der zuständigen US-Behörden überprüft werden. Die erste Überprüfung wird innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Angemessenheitsbeschlusses stattfinden, um zu überprüfen, ob alle relevanten Elemente vollständig in den US-Rechtsrahmen umgesetzt wurden und in der Praxis wirksam funktionieren.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass europäische Datenschutz-Aktivisten gegen die Entscheidung der EU-Kommission gerichtlich vorgehen werden – allen voran der Österreicher Max Schrems, der bereits zweimal einen Angemessenheitsbeschluss für die USA zu Fall gebracht hat. Das neue Data Privacy Framework ist aus Sicht seiner Organisation im Wesentlichen nur eine Kopie des gescheiterten Privacy-Shields, das wichtige der zuvor kritisierten Punkte vermissen lässt. Das letzte Wort hat dann wiederum der Europäische Gerichtshof. Echte Sicherheit besteht also erst nach einem entsprechenden Urteil, also in etwa zwei bis drei Jahren.

Internationale Datentransfers: Facebook-Konzern Meta muss DSGVO-Bußgeld von 1,2 Milliarden Euro zahlen

Die irische Datenschutzbehörde DPC (Data Protection Commission) in Dublin, wo auch Facebooks Mutterkonzern Meta seinen europäischen Sitz hat, hat den Internetriesen zu einem Rekord-Bußgeld von 1,2 Milliarden Euro verurteilt. Vorangegangen ist ein seit Jahren anhaltender Streit über den Umgang mit Nutzerdaten und deren mangelnder Schutz durch Meta. Die Daten werden nämlich bislang aus Europa in die USA geleitet. Dort ist es US-Geheimdiensten ohne besondere rechtliche Hürden möglich, die Daten einzufordern und für ihre Zwecke zu nutzen. Dieses Vorgehen und der unzureichende Schutz sensibler Nutzerdaten verstößt bekanntermaßen gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Der Entscheidung liegt damit dieselbe Problematik zu Grunde wie das kürzlich ergangene Urteil des Landgerichts Köln bezüglich der Nutzung von Google Ads, das aber ebenfalls noch nicht rechtskräftig ist.

Die Rekordstrafe reiht sich ein in eine Reihe hoher Bußgelder wegen DSGVO-Verstößen in der jüngeren Vergangenheit und hätte für Meta sogar noch höher ausfallen können. So wurde zuletzt Amazon 2021 wegen eines ähnlichen Verstoßes zu einem Bußgeld in Höhe von 746 Millionen € verurteilt. Die Facebook-Mutter Meta ist – gemessen an der Höhe der zu zahlenden Bußgelder –  sechsmal in den Top 10 der DSGVO-Verstöße vertreten. Datenschutz-Aktivist Maximilian Schrems wurde mit den folgenden Worten zitiert: „Die Höchststrafe liegt bei über vier Milliarden. Und Meta hat zehn Jahre lang wissentlich gegen die DSGVO verstoßen, um Profit zu machen.“ Der Bußgeldentscheidung war ein langes Ringen unter den europäischen Datenschutzbehörden vorangegangen, dem Umgang großer Internetkonzerne nicht länger tatenlos zusehen zu  wollen.

Allerdings steckt hinter dem neuen Rekord-Bußgeld auch ein rechtliches Dilemma: Letztlich sind es die US-amerikanischen Sicherheitsgesetze, die es den dortigen Geheimdiensten ermöglichen, Nutzerdaten ohne ausreichende rechtliche Schranken von Unternehmen einzufordern und nachrichtendienstlich zu verwerten. Wenn Meta nun verhindern möchte, dass Daten in die USA übermittelt und dort geheimdienstlich genutzt werden, muss es seine Systeme wohl grundlegend umstrukturieren. Zunächst einmal hat Meta aber angekündigt, rechtliche Schritte gegen die Entscheidung einzulegen.

Über die weiteren Entwicklungen zu diesem Thema halten wir Sie selbstverständlich auf dem Laufenden.

Das TCF 2.2 geht an den Start – das sollten Sie jetzt wissen:

Um den Akteuren im Online-Ökosystem dabei zu helfen, die Anforderungen der EU-Datenschutzrichtlinie sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu erfüllen, hat der europäische Verband der Onlinebranche IAB eine überarbeitete Fassung des als „Transparency & Consent Framework“ bezeichneten Branchenstandards verabschiedet, das so genannte TCF 2.2. Eine Arbeitsgruppe aus Vetretern der beteiligten Unternehmen hat intensiv an einer überarbeiten Standardisierung der Pflicht-Informationen und Auswahlmöglichkeiten gearbeitet, die den Nutzern vor der Verarbeitung ihrer Daten zur Verfügung gestellt werden sollten, sowie an der Art und Weise, wie darauf aufbauenden Entscheidungen der Nutzer umgesetzt werden.

Ziel der Änderung ist die Anpassung des Branchenstandards an die Anforderungen der Rechtsprechung und der europäischen Datenschutzbehörden. Das IAB möchte es deshalb den betroffenen Marktteilnehmern ermöglichen, über das Transparency & Consent Framework 2.2 diesen Vorgaben gerecht zu werden. Das TCF 2.2 tritt bereits am 16. Mai 2023 in Kraft – und die Umsetzungsfristen für betroffene Unternehmen sind extrem kurz.

Die wichtigste Neuerungen des TCF 2.2 sind:

  • Abschaffung der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses für die Personalisierung von Online-Werbung und -Inhalten: Unternehmen können nun nur noch auf der Grundlage einer wirksamen Einwilligung der Nutzer pseudonyme Daten verarbeiten, um individuelle Werbung und Inhalte auszuspielen.
  • erweiterte Informationen für Nutzer in Bezug auf die Verarbeitungszwecke: Die in der Einwilligungsabfrage enthaltenen Angaben zu den Zwecken, für die die erhobenen Daten genutzt werden können, wurden überarbeitet. Die Informationen sollen jetzt verständlicher sein und wurden dazu auch um konkrete Beispiele ergänzt.
  • erweiterte Informationen für Nutzer in Bezug auf die Datenempfänger: Zu den Empfängern der Daten der Nutzer werden zusätzliche Informationen bereitgestellt, nämlich:
    • konkret vom jeweiligen Datenempfänger erhobene Datenkategorien
    • Speicherfristen für die erhobenen Daten beim jeweiligen Datenempfänger
    • falls einschlägig (und noch zulässig): die berechtigten Interessen des Datenempfängers für die Datenverarbeitung
  • Transparenz über die Anzahl der Datenempfänger: In der Einwilligungsabfrage muss zukünftig die Gesamtzahl der Datenempfänger bereits auf der ersten Ebene offen gelegt werden.
  • neue Anforderungen für den Widerruf der Einwilligung durch die Nutzer: Über eine spezielle Schaltfläche muss es möglich sein, die Einwilligungsabfrage erneut aufzurufen und die Einwilligung zu widerrufen.

Die meisten Anbieter von Websites und Apps werden sich zur Umstellung auf das TCF 2.2 an den Anbieter ihrer Einwilligungsabfrage (auch als „Cookie-Banner“ oder Consent Management Platform (CMP) bezeichnet) wenden. Auf Datenempfänger kommen dagegen größere technische Umstellungen zu.

Falls Sie Fragen zur Umsetzung des TCF 2.2 haben, melden Sie sich gern direkt bei uns.

Wirksame Anonymisierung – oder doch nur Pseudonymisierung?

EU-Gericht urteilt zum Personenbezug bei verschlüsselten Daten

Personenbezogene Daten werden häufig pseudonymisiert verarbeitet, indem unmittelbar identifizierende Klardaten (zum Beispiel Namen) mit Kennungen oder Codes ersetzt werden. Die Stelle, die eine Pseudonymisierung vornimmt, behält aber in der Regel Mittel in der Hand, um die hinter den pseudonymen Kennungen stehenden Personen weiterhin zu identifizieren, sodass das Datenschutzrecht und die DSGVO auf diese Daten weiterhin unmittelbar anwendbar bleiben.

Wie ist jedoch der Fall zu bewerten, wenn diese verschlüsselten Daten an ein anderes Unternehmen weitergegeben werden? Genau diese Frage musste das Europäische Gericht („EuG“) kürzlich beantworten (Urteil vom 26. April 2023, Az. T-557/20). (Hinweis: Das EuG ist eine Vorinstanz zum Europäischen Gerichtshof („EuGH“) und mit diesem daher nicht zu verwechseln!)

Der Sachverhalt

Das Single Resolution Board („SRB“), das als EU-Institution die Abwicklung von Insolvenz im Finanzsektor begleitet, erfasste über ein Online-Formular persönliche Stellungnahmen und gab diese Daten an eine Beratungsfirma weiter, ohne die Betroffenen darüber zu informieren. Vor der Weitergabe ersetzte das SRB die Namen jedoch jeweils mit einem Code.

Der nach einer Beschwerde eingeschaltete Europäische Datenschutzbeauftragte („EDSB“) sah hierin eine Weitergabe von pseudonymisierten – und damit personenbezogenen – Daten der Betroffenen an einen Dritten. Entsprechend hätte das SRB die Betroffenen über die Datenweitergabe informieren müssen.

Der SRB führte hiergegen an, dass es sich bei den weitergegebenen Daten um anonymisierte Daten handeln würde. So habe der SRB die für die Reidentifizierung der Interessenten erforderlichen Daten nicht mit der Beratungsfirma geteilt. Außerdem stünde letzterer kein Recht zu, auf die beim SRB liegenden Informationen zuzugreifen, um die Interessenten hinter den Codes zu ermitteln.

Urteil: Die Perspektive des Datenempfängers muss berücksichtigt werden

Das EuG führte in seiner Entscheidung aus, dass es für die Frage, ob pseudonymisierte Daten, die an ein anderes Unternehmen übermittelt werden, als personenbezogene Daten nach der DSGVO einzustufen sind, auf die Sicht des Datenempfängers ankommt. Es muss insoweit geprüft werden, ob der Datenempfänger (zulässige) Mittel besitzt, die er vernünftigerweise einsetzen kann, um die betroffenen Personen zu identifizieren. Diese Prüfung hatte der EDSB in dem vorliegenden Verfahren jedoch unterlassen und es für ausreichend befunden, dass jedenfalls das SRB eine Identifizierung vornehmen konnte.

Einordnung für die Praxis

Das EuG setzt mit seinem Urteil die bekannte „Breyer“-Rechtsprechung des EuGH aus dem Jahr 2016 konsequent fort. Es deutet hiermit an: Wenn ein Datenempfänger tatsächlich nicht über zusätzliche Informationen verfügt, die ihm eine erneute Identifizierung der betroffenen Personen ermöglichen, und wenn ihm keine rechtlichen Mittel zur Verfügung stehen, um auf diese Informationen zuzugreifen, stellen die ihm übermittelten (pseudonymisierten) Daten keine personenbezogenen Daten dar. Die DSGVO ist für die Verarbeitung dieser Daten in der Konsequenz auch nicht anwendbar.

Auf den ersten Blick sind dies gute Nachrichten insbesondere für Unternehmen in der Werbebranche, die pseudonymisierte Daten für das Anzeigen von Werbung speichern und verwenden, wie zum Beispiel Data Management Plattformen.

Die Feststellungen im Urteil gelten jedoch nur unter dem Vorbehalt, dass Identifier in diesen Datensätzen nicht doch noch andere Identifikatoren vorhanden sind. In der Praxis sind solche vollverschlüsselten und damit anonymisierten Datensätze allerdings nur selten anzutreffen, da die Kombination der unterschiedlichen Datenkategorien in der Regel doch einen Rückschluss zu den betroffenen Personen erlauben. Die praktischen Auswirkungen des Urteils werden daher gering sein.

In Übrigen ist eine Berufung zum EuGH möglich und auch nicht unwahrscheinlich. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Urteil des EuG vor dem Gerichtshof bestehen wird.