Einwilligung gegen Gewinnchance? Aktuelles zum Kopplungsverbot

Eine Frage, die im eCommerce häufiger auftaucht: Darf man die Anmeldung zu einem Werbe-Newsletter nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zur Teilnahmevoraussetzung für ein ansonsten kostenloses Gewinnspiel machen?

Die Antwort findet sich in Artikel 7 Absatz 4 DSGVO, der das so genannte Kopplungsverbot EU-weit einheitlich regelt. Diese Vorschrift hat den folgenden Wortlaut:

„Bei der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde, muss dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden, ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind“.

Der Anknüpfungspunkt für das Verbot der „Kopplung “ von Einwilligung (in unserem Beispiel die Anmeldung für den Newsletter) und Vertragsschluss (hier die Teilnahme am Gewinnspiel) ist also die „Freiwilligkeit“ der Einwilligung, die eine der gesetzlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Einwilligung ist. Freiwilligkeit ist dabei gleichzusetzen mit „ohne Zwang“.

Wann das Kopplungsverbot genau greift und wann nicht, ist nach wie vor rechtlich ungeklärt. Um ein wenig Licht in dieses Dunkel zu bringen, haben wir die aktuell verfügbare Rechtsprechung zum Kopplungsverbot aus drei EU-Mitgliedstaaten einmal zusammengestellt.

Österreich: Werbe-Einwilligung in kostenpflichtigem Vertrag unzulässig

Bezüglich eines möglichen Kopplungsverbots hatte der Oberste Gerichtshof in Österreich bereits 2018 unter Verweis auf Erwägungsgrund 43 der DSGVO entschieden (Az.  6Ob140/18h):

„Die Einwilligung gilt nicht als freiwillig erteilt, wenn zu verschiedenen Verarbeitungsvorgängen von personenbezogenen Daten nicht gesondert eine Einwilligung erteilt werden kann, obwohl dies im Einzelfall angebracht ist, oder wenn die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung abhängig ist, obwohl diese Einwilligung für die Erfüllung nicht erforderlich ist.“

An die Beurteilung der „Freiwilligkeit“ der Einwilligung seien hohe Anforderungen zu stellen. Daher ist bei einer Kopplung der Einwilligung zu einer Verarbeitung vertragsunabhängiger personenbezogener Daten mit einem Vertragsschluss grundsätzlich davon auszugehen, dass die Erteilung der Einwilligung nicht freiwillig erfolgt, wenn nicht im Einzelfall besondere Umstände für eine Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung sprechen.

Im konkreten Fall entschied das Gericht, dass ein Pay-TV-Anbieter den Vertragsschluss nicht mit einer Einwilligung in den Erhalt von Werbung von Partnerunternehmen verknüpfen durfte. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass es hier um einen kostenpflichtigen Vertrag ging, dessen Erfüllung in keinem Zusammenhang mit der Werbeeinwilligung stand.

Deutschland: Newsletter-Anmeldung darf Teilnahmevoraussetzung für Gewinnspiel sein

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einer Entscheidung aus dem Juni 2019 (Az. 6 U 6/19) festgestellt, dass eine Einwilligung auch dann als freiwillig anzusehen ist, wenn die Einwilligungserklärung Voraussetzung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel ist. Nach Ansicht des Gerichts kann und muss der Verbraucher selbst entscheiden, ob ihm die Teilnahme die Preisgabe seiner Daten „wert“ ist.

Auch wenn sich das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung nicht explizit auf das Kopplungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DSGVO bezieht, so ergibt sich aus der Entscheidung, dass es eine Kopplung von Einwilligung an Dienstleistung dann für zulässig hält, wenn die Einwilligung sozusagen als „Gegenleistung“ für die Teilnahme an einem an sonsten kostenlosen Gewinnspiel gesehen werden kann.

Das bloße „Anlocken“ von Newsletter-Empfängern durch das Versprechen einer Vergünstigung, wie hier die Teilnahme an einem Gewinnspiel, reicht also nicht aus, um die Wirksamkeit der Einwilligung auszuschließen.

Die übrigen Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung gelten natürlich ebenso, insbesondere der so genannte „Double Opt-in“. Eine weitere Voraussetzung ist nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO, dass die Einwilligung „für einen bestimmten Fall“ erteilt werden muss. Diese Bedingung ist nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2012 nur dann erfüllt, wenn sich aus der Einwilligungserklärung ergibt, welche einzelnen Werbemaßnahmen welcher Unternehmen davon erfasst werden, also von wem genau der Betroffene auf welche Weise Werbung erhalten wird. Andernfalls ist die Einwilligung ebenfalls unwirksam.

Italien: Werbe-Einwilligung als zulässige Gegenleistung für ansonsten kostenlose Dienstleistung

Der italienische Kassationsgerichtshof hatte bereits 2018 über einen ähnlich gelagerten Fall zu entscheiden, in dem ein Newsletter zu Finanz- und Steuerthemen nur abonniert werden konnte, wenn der Empfänger in die Verarbeitung personenbezogener Daten zu Werbezwecken einwilligte (Az. 17278).

Nach der Entscheidung des Gerichts ist für die Beurteilung der Freiwilligkeit entscheidend, wie „unersetzlich“ oder „unverzichtbar“ der angebotene Dienst für die Betroffenen ist. Sind die Nutzer nicht auf den konkreten Dienst angewiesen, sondern können sie die angebotene Leistung auch auf anderem Weg erlangen, soll eine Kopplung von Einwilligung und Nutzung des Dienstes erlaubt sein. DIe Nutzer können in einem solchen Fall auf den Dienst verzichten, ohne ein „ernsthaftes Opfer“ erbringen zu müssen.

Ähnlich wie das OLG Frankfurt führt der Kassationsgerichtshof aus, dass dabei jedoch eine informierte Einwilligung erforderlich ist, damit diese als wirksam angesehen werden kann. So muss aus der Einwilligung hervorgehen, für welche Produkte oder Dienstleistungen der Betroffene Werbung erhalten wird.

Fazit

Das Kopplungsverbot ist im Marketing von großer Bedeutung. Seine Kontur muss wegen der komplexen Regelung in Art. 7 Abs. 4 DSGVO erst noch durch die Gerichte weiter ausgeformt werden.

Bereits jetzt ist jedoch zu sagen, dass es in erster Linie darauf ankommt, dass der Betroffene seine Einwilligung „freiwillig“ abgibt. Er muss sich also in einer Lage befinden, in der er eine Wahlmöglichkeit zwischen Preisgabe und Einbehaltung seiner personenbezogenen Daten hat. Das bedeutet insbesondere, dass bei der Entscheidungsfindgung keine „Drucksituation“ bestehen darf. Zumindest in Fällen von ansonsten kostenlosen Angeboten kann die freiwillige Einwilligung als „Gegenleistung“ angesehen werden.