Italien: neue Tracking-Leitlinien veröffentlicht

Die italienische Datenschutzaufsichtsbehörde Garante per la protezione dei dati personali (kurz „Garante“) hat am 10. Juni eine neue Version ihrer „Leitlinien zu Cookies und anderen Tracking-Technologien“ veröffentlicht. Diese sollen den mit dem Inkrafttreten der DSGVO überholten Beschluss der Garante von 2014 ergänzen.

Die Leitlinien bieten eine praktische Orientierungshilfe bei der Einholung von Tracking-Einwilligungen. In ihrem Papier macht die Garante außerdem Vorschläge für eine interessengerechtere Gestaltung von Cookie-Bannern (consent managment plattforms, CMPs).

Wir fassen die zentralen Aussagen für Sie zusammen:

„technische Erforderlichkeit“ bei Cookies und vergleichbaren Tracking-Technologien

Die Garante bezieht sich in ihren Leitlinien sowohl auf Cookies als auch auf eine Vielzahl anderer Tracking-Technologien (Fingerprinting, RFID etc.) und ist dabei ebenso wie die französische Datenschutzaufsichtsbehörde CNIL der Ansicht, dass die Anforderungen an das Tracking als „technologieneutrale Regelungen“ zu verstehen sind. Die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden haben sich zu dieser Frage bislang nicht klar positioniert, das Papier der Garante ist jedoch ein Fingerzeig, in welche Richtung es auch bei uns gehen könnte.

Dabei unterscheidet die Garante zwischen solchen Cookies und vergleichbaren Tracking-Technologien, die ausschließlich dazu dienen, das Funktionieren einer Website zu ermöglichen und damit „technisch erforderlich“ sind und solchen, die für eine Vielzahl von Zwecken verwendet werden („nicht technisch erforderliche“).

Nur „technisch erforderliche“ Cookies und vergleichbare Tracker dürfen demnach ohne die Zustimmung des Nutzers genutzt werden. In allen anderen Fällen muss eine informierte Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden. Die Garante bestätigt insofern, dass man sich nach der ePrivacy-Richtlinie nicht auf ein berechtigtes Interesse berufen kann, um die Verwendung von Cookies oder anderen Trackern zu rechtfertigen.

Scrolling und Cookie-Walls sind nur in Ausnahmefällen zulässig

Grundsätzlich teilt die Garante den Standpunkt der übrigen europäischen Datenschutzbehörden, dass das bloße Scrollen auf der Website allein nicht für eine wirksame Einwilligung ausreichen kann. Nichtsdestotrotz kann es der Garante zufolge Ausnahmen von dieser Regel geben.

Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn das Scrollen des Nutzers Teil eines umfassenderen Prozesses ist, der es dem Nutzer ermöglicht, seine informierte Einwilligung in einer Weise zum Ausdruck zu bringen, die auf dem Server der Website dokumentiert und aufgezeichnet und als ausdrückliche Erklärung des Nutzers eingestuft werden kann. Die Handlung des Nutzers muss also unmissverständlich den Willen zum Ausdruck bringen, in die Verarbeitung einzuwilligen. Das setzt vor allem voraus, dass der Verantwortliche den Nutzer vorab dergestalt informieren muss, dass sich dieser über die Wirkung seines Verhaltens im Klaren ist.

Anders als die CNIL im Oktober letzten Jahres bezieht die Garante recht eindeutig Stellung zu so genannten Cookie-Walls, die den Nutzer dazu zwingen, seine Zustimmung zur Nutzung von Cookies und anderen Tracking-Mechanismen zu geben oder andernfalls den Zugang zu einer Website sperren. Solche Lösungen sind in Deutschland auf Presse-Websites bereits recht verbreitet.

Nach Ansicht der Garante ist eine solche Vorgehensweise grundsätzlich nicht zulässig, da es hier an der notwendigen Freiwilligkeit der Einwilligung mangele. Auch hier gibt es jedoch einen Ausnahmefall: Cookie-Walls sind zulässig, wenn der Verantwortliche dem Nutzer eine „gleichwertige Alternative“ einräumt, den Dienst (die Website) auch ohne Erteilung einer Einwilligung in die Verwendung von Cookies zu nutzen (zum Beispiel bei so genannten „Pur-Abos“). Hier bedarf es nach Ansicht der Garante einer Einzelfallprüfung.

Wiederholte Aufforderung zur Einwilligung, obwohl die Einwilligung zunächst nicht erteilt wurde

Diese, wie es die Garante in ihrem Papier ausdrückt, „redundante und aufdringliche Praxis“, bei der der Nutzer bei jedem Aufrufen der Website erneut mit einer CMP konfrontiert wird, obwohl er beim erstmaligen Besuch der Website seine Einwilligung in die Nutzung von Cookies und anderen Trackern zunächst nicht erteilt hat, kann die Freiheit des Nutzers übermäßig beeinträchtigen, indem sie den Nutzer dazu bringt, letztlich doch der Verarbeitung seiner Daten zuzustimmen, um die Website in Ruhe nutzen zu können. Sie ist daher unzulässig.

Eine erneute Einholung der Zustimmung soll nur zulässig sein, wenn

  • sich der Umfang der Datenverarbeitung wesentlich geändert hat, so dass der Nutzer über die fraglichen Änderungen informiert werden muss, zum Beispiel in Bezug auf den Einsatz neuer externer Dienste,
  • der Betreiber der Website nicht wissen kann, dass bereits ein Cookie gespeichert wurde,
  • seit der letzten Abfrage mindestens sechs Monate vergangen sind.

Praktische Empfehlungen zur Einholung einer Einwilligung

Am Ende ihres Papiers gibt die Garante praktische Hinweise, wie die Einwilligung ihrer Meinung noch „interessengerechter“ eingeholt werden kann, insbesondere was die Ausgestaltung der CMP angeht. Diese Hinweise haben jedoch keinen(!) rechtlichen Gehalt. Hier hat sie insbesondere die Grundsätze der Datensparsamkeit und der Nutzerautonomie im Blick.

Nach der Vorstellung der Garante soll der Nutzer, der die Website zum ersten Mal besucht, eine CMP angezeigt bekommen, die sich in Größe und Gestaltung deutlich vom Rest der Seite abhebt und auch von Menschen mit Behinderung genutzt werden kann. Entscheidet sich der Nutzer gegen eine Einwilligung, soll er das Banner mit einem einfachen Befehl (z.B. ein „X“ in der oberen rechten Ecke des Banners) schließen können. Die Schaltfläche, mit der das Weitersurfen ohne Zustimmung ermöglicht wird, soll also ebenso benutzerfreundlich und zugänglich sein wie die für die Erteilung der Zustimmung vorgesehene. Auch hier folgt die Garante also dem Ansatz der CNIL, die sich wünscht, dass unmittelbar neben der Schaltfläche „alle Cookies akzeptieren“ auch ein Button „alle Cookies ablehnen“ angezeigt wird, der sich nicht versteckt in einer Second Layer der CMP befindet.

Daneben sollten CMPs nach der Vorstellung der Garante Folgendes enthalten:

  • einen Hinweis, dass beim Anklicken des „X“ die Standardeinstellungen unverändert bleiben und das Surfen daher ohne Cookies oder andere Tracker fortgesetzt werden kann;
  • ein Hinweis darauf, dass nur mit der Zustimmung des Nutzers Tracking-Cookies gesetzt werden;
  • einen Link zur Datenschutzerklärung, die alle nach der DSGVO geforderten Informationen insbesondere zu den verwendeten Cookies und Trackern enthält
  • eine Schaltfläche, über die die Zustimmung zur Nutzung aller Cookies und Tracker erteilt werden kann;
  • einen Link zu einem Bereich, in dem der Nutzer individuell und informiert die Funktionen, Drittanbieter und Cookies auswählen kann, denen er zustimmen möchte.
  • eine Schaltfläche auf oder in der Fußzeile der Website, über den der Nutzer seine Cookie-Einwilligung für die Website anpassen kann und der auf seinen Zweck ausdrücklich hinweist (z.B. „Passen Sie Ihre Cookie-Einstellungen an“).

Kein Einwilligungserfordernis bei Statistik-Cookies, wenn…

Wie schon in ihren Leitlinien vom Mai 2014 und wie auch die CNIL in ihrem Papier vom Oktober 2020 ist die Garante weiterhin der Ansicht, dass Analyse-Cookies als technisch erforderlich einzustufen sind und dementsprechend ohne vorherige Zustimmung der betroffenen Nutzer gesetzt werden können, soweit bestimmte Bedingungen erfüllt sind:

Damit Analyse-Cookies den technisch erforderlichen Cookies gleichgestellt werden können, muss daher die direkte Identifizierung – also das spezifische Herausfiltern – einzelner betroffener Personen verhindert werden. Maßgeblich ist also das Identifizierungspotenzial von Analyse-Cookies, auch bei der Nutzung durch Dritte.

Fazit

Es ist zu begrüßen, dass nach der CNIL auch die Garante zu den gesetzlichen Anforderungen an das Online-Tracking Stellung bezieht. Die in den Leitlinien der Garante vertretenen Ansichten könnten für die weitere Entwicklung hier in Deutschland von Bedeutung sein. Es bleibt abzuwarten, ob und wann sich die deutschen Aufsichtsbehörden hier endlich klar äußern. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich die deutsche Onlinemarketing-Branche in die auseinandersetzung einbringt – denn nicht jede Auslegung ist einfach so hinzunehmen. Wir beraten Sie dazu gern.

Medien-Websites holen unwirksame Einwilligungen ein – (vorerst) ohne Konsequenzen

Geschrieben am

Die Datenschutzaufsichtsbehörden in 11 Bundesländern haben insgesamt 49 Websites von Medienunternehmen in Bezug auf den Einsatz von Cookies und die Einbindung von externen Tracking-Diensten untersucht. Wir hatten über den Start dieser Untersuchung berichtet („Tracking im Fokus der Aufsichtsbehörden: länderübergreifende Prüfung von Medien-Websites“). Bei der Prüfung wurde ein Schwerpunkt auf das Tracking von Nutzern zu Werbezwecken gelegt. Die meisten der geprüften Webseiten entsprachen im Ergebnis nicht den rechtlichen Anforderungen.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 15 Abs. 3 Telemediengesetz (TMG) (der ab dem 1. Dezember durch den inhaltlich gleich laufenden § 25 TTDSG ersetzt wird) – bedarf das Setzen von Cookies einer Einwilligung (es sei denn, ein Cookie ist für den Betrieb der Website „unbedingt erforderlich“).

Diese Einwilligung muss bestimmte, in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) definierte Anforderungen erfüllen: Die Einwilligung muss freiwillig, informiert, unmissverständlich und in Bezug auf eine bestimmte Datenverarbeitung zu einem bestimmten Zweck abgegeben werden.

Überprüfung durch die Datenschutzaufsichtsbehörden

In einer gemeinsamen Aktion überprüften nun die Datenschutzbehörden in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland, Sachsen und Schleswig-Holstein, ob die Websites großer Medienanbieter diesen Anforderungen entsprachen. Hierfür war im August 2020 zunächst ein Fragebogen an die Betreiber verschickt worden.

Ein besonderer Augenmerk wurde dabei auf reichweitenstarke Onlineangebote gelegt, welche eine hohe Anzahl Tracking-Diensten verwenden, die überwiegend der Finanzierung durch nutzerspezifische Werbung dienen. Die dabei erhobenen personenbezogenen Daten werden von den Betreibern zur Erstellung und Anreicherung umfassender und seitenübergreifender Persönlichkeitsprofile weitergegeben. 

Ergebnis der Überprüfung: Regelmäßig keine wirksamen Einwilligungen

Die Datenschutzbehörden stellten bei Ihrer Überprüfung fest, dass die Websites zwar in der Regel differenzierte Einwilligungen ihrer Nutzer für die Verwendung Tracking-Diensten abfragen. In der Mehrheit der Fälle wurden die Einwilligungen allerdings nicht wirksam eingeholt.

Im Rahmen der Prüfung wurden vor allem die folgenden Mängel festgestellt:

  • Tracking bereits vor der Einwilligung: Häufig wurden einwilligungsbedürftige Dienste bereits beim Laden der Website eingebunden und so Tracking-Cookies gesetzt – bevor der Nutzer eine Einwilligung gegeben hatte. Diese Praxis ist stets unzulässig! Erst nach der wirksamen Einwilligung dürfen Tracking-Dienste und vergleichbare Technologien aktiviert werden.
  • fehlende Informationen: Auf der ersten Ebene der Einwilligungs-Banner wurden nur unzureichende oder falsche Informationen über das Tracking der Nutzer gegeben.
  • unzureichender Umfang der Einwilligung: Wenn der Nutzer keine Einwilligung erteilte, blieben dennoch zahlreiche Tracking-Dienste aktiv.
  • keine einfache Ablehnung: Während bei allen Einwilligungs-Bannern auf der ersten Ebene eine Schaltfläche vorhanden war, mit der eine Zustimmung zu sämtlichen Tracking-Diensten erteilt werden konnte, fehlte auf dieser Ebene häufig eine ebenso einfache Möglichkeit, das einwilligungsbedürftige Nutzertracking abzulehnen oder das Banner ohne Entscheidung schließen zu können (ob das Gesetz eine solche Schaltfläche erfordert, ist umstritten).
  • „Manipulation“ der Nutzer: Die Ausgestaltung der Einwilligungs-Banner wies zahlreiche Formen des so genannten „Nudging“ auf. Das bedeutet, Nutzer wurden unterschwellig zur Abgabe einer Einwilligung beeinflusst, indem die Schaltfläche für die Zustimmung beispielsweise durch eine farbliche Hervorhebung deutlich auffälliger gestaltet war als die Schaltfläche zum Ablehnen oder indem die Verweigerung der Einwilligung verkompliziert wurde (wo hier die Grenze des rechtlich Zulässigen verläuft, ist ebenfalls umstritten).

Konsequenzen

Nach Feststellung einer Vielzahl von Mängeln wirken die beteiligten Landesdatenschutzbehörden nun auf die Unternehmen in ihrem Zuständigkeitsbereich ein, um datenschutzkonforme Zustände herzustellen. Nach Angaben der Datenschutzaufsichtsbehörden (Pressemitteilung des Hamburgischen Datenschutzbeauftragen vom 30. Juni 2021) konnten auch erste Anpassungen bei einigen Verantwortlichen die rechtlichen Defizite bislang nicht vollständig beseitigen. Zwar wurden noch keine Bußgelder verhängt, es wurde jedoch bereits angekündigt, dass nötigenfalls weitere aufsichtsbehördliche Maßnahmen ergriffen werden.

Was bedeutet das für Sie?

Auch wenn bislang noch keine Bußgelder verhängt wurden, machen die Aufsichtsbehörden jetzt mit der Umsetzung „Planet49“-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ernst. Wir empfehlen unseren Mandanten, die Ausgestaltung ihrer Einwilligungs-Banner (erneut) zu überprüfen. Nach unserer Erfahrung warten viele Website-Betreiber damit, bis es zu spät ist und die Aufsichtsbehörde „vor dem Haus steht“.

Es nur sehr eingeschränkt möglich, die nötigen Nachbesserungen zur Einholung von wirksamen Einwilligungen erst während einer Überprüfung zu ergreifen: Bereits vor Versendung der Fragebögen waren die ausgewählten Websites durch die Aufsichtsbehörden technisch gesichert und analysiert worden. So war ein Abgleich der technischen Ausgestaltung vor und nach den Antworten der Website-Betreiber möglich.

Für eine rechtliche Überprüfung Ihrer Einwilligungspraxis sind wir gern für Sie da.