EU-US Data Privacy Framework: EU-Kommission veröffentlicht Angemessenheitsbeschluss für Datentransfers in die USA

Die Europäische Kommission hat heute den lange erwarteten Angemessenheitsbeschluss für die neue EU-US-Datenschutzvereinbarung („EU-US Data Privacy Framework“) veröffentlicht. Der Beschluss stellt fest, dass die Vereinigten Staaten nunmehr ein angemessenes Schutzniveau – vergleichbar mit dem der Europäischen Union – für personenbezogene Daten gewährleisten, die auf der Grundlage des neuen Rahmens aus der EU an US-Unternehmen übermittelt werden. Auf der Grundlage des neuen Angemessenheitsbeschlusses können personenbezogene Daten also „gefahrlos“ aus der EU an US-Unternehmen, die an dem neuen Programm teilnehmen, übermittelt werden, ohne dass zusätzliche Datenschutzvorkehrungen getroffen werden müssen.

Welche Maßnahmen sieht die neue Vereinbarung vor?

Die jetzt geltende Vereinbarung zwischen der EU und den USA führt neue verbindliche Vorgaben ein, um die vom Europäischen Gerichtshof im berühmten „Schrems II“-Urteil geäußerten Bedenken auszuräumen, einschließlich einer Beschränkung der Zugriffrechte von US-Geheimdiensten auf EU-Daten auf das „notwendige und verhältnismäßige“ Maß und sogar der Einrichtung eines unabhängigen Datenschutzüberprüfungs-„Gerichts“ (DPRC), zu dem EU-Bürger Zugang haben. Das neue Programm sieht erhebliche Verbesserungen gegenüber dem alten Mechanismus vor, der unter dem so genannten „Privacy Shield“-Programm galt. Stellt das DPRC beispielsweise fest, dass Daten unter Verstoß gegen die neuen Vorgaben erhoben wurden, kann es die Löschung der Daten anordnen.

Der neue EU-US-Datenschutzrahmen soll so einen sicheren Austausch für Daten von EU-Bürgern gewährleisten und Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks Rechtssicherheit bieten. Hintergrund der Entscheidung der EU-Kommission war eine Vereinbarung mit der US-Regierung, die darauf aufbauend wesentliche neue Verwaltungsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten von EU-Bürgern erlassen.

EU-Bürger können bestimmte Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen, wenn ihre Daten von US-Unternehmen rechtswidrig verarbeitet werden. Darüber hinaus sehen die neuen Regelungen auf US-Seite eine Reihe von Garantien gegen den ungehemmten Zugriff von US-Behörden auf Daten vor, die auf der Grundlage des Programms übermittelt werden, insbesondere für Zwecke der Strafverfolgung und der nationalen Sicherheit. Der Zugang zu den Daten soll auf das Maß beschränkt werden, das zum Schutz der nationalen Sicherheit notwendig und verhältnismäßig ist.

Wie geht es jetzt weiter?

US-Unternehmen können dem Programm nun beitreten, indem sie sich gegenüber der US-Regierung verpflichten, eine Reihe bestimmter Datenschutzregeln einzuhalten, darunter zum Beispiel die Verpflichtung, personenbezogene Daten zu löschen, wenn sie für den Zweck, für den sie erhoben wurden, nicht mehr erforderlich sind, und eine Kontinuität des entsprechenden Schutzes zu gewährleisten, wenn personenbezogene Daten wiederum an Dritte weitergegeben werden. Es ist davon auszugehen, dass die großen Anbieter wie Google und Facebook zu den ersten Unternehmen gehören, die in das Register der US-Regierung aufgenommen werden und dass über die nächsten Monate nach und nach alle relevanten Dienstleister folgen werden.

Europäische Unternehmen müssen dann nur prüfen, ob ihre Anbieter bereits dem neuen Programm unterfallen und einen entsprechenden Hinweis in ihre Datenschutzerklärung aufnehmen. Mehr ist dann tatsächlich nicht zu tun.

Wird die neue Regelung Bestand haben?

Das Funktionieren der neuen Vereinbarung soll in regelmäßigen Abständen von der Europäischen Kommission zusammen mit Vertretern der europäischen Datenschutzbehörden und der zuständigen US-Behörden überprüft werden. Die erste Überprüfung wird innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Angemessenheitsbeschlusses stattfinden, um zu überprüfen, ob alle relevanten Elemente vollständig in den US-Rechtsrahmen umgesetzt wurden und in der Praxis wirksam funktionieren.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass europäische Datenschutz-Aktivisten gegen die Entscheidung der EU-Kommission gerichtlich vorgehen werden – allen voran der Österreicher Max Schrems, der bereits zweimal einen Angemessenheitsbeschluss für die USA zu Fall gebracht hat. Das neue Data Privacy Framework ist aus Sicht seiner Organisation im Wesentlichen nur eine Kopie des gescheiterten Privacy-Shields, das wichtige der zuvor kritisierten Punkte vermissen lässt. Das letzte Wort hat dann wiederum der Europäische Gerichtshof. Echte Sicherheit besteht also erst nach einem entsprechenden Urteil, also in etwa zwei bis drei Jahren.

Das TCF 2.2 geht an den Start – das sollten Sie jetzt wissen:

Um den Akteuren im Online-Ökosystem dabei zu helfen, die Anforderungen der EU-Datenschutzrichtlinie sowie der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu erfüllen, hat der europäische Verband der Onlinebranche IAB eine überarbeitete Fassung des als „Transparency & Consent Framework“ bezeichneten Branchenstandards verabschiedet, das so genannte TCF 2.2. Eine Arbeitsgruppe aus Vetretern der beteiligten Unternehmen hat intensiv an einer überarbeiten Standardisierung der Pflicht-Informationen und Auswahlmöglichkeiten gearbeitet, die den Nutzern vor der Verarbeitung ihrer Daten zur Verfügung gestellt werden sollten, sowie an der Art und Weise, wie darauf aufbauenden Entscheidungen der Nutzer umgesetzt werden.

Ziel der Änderung ist die Anpassung des Branchenstandards an die Anforderungen der Rechtsprechung und der europäischen Datenschutzbehörden. Das IAB möchte es deshalb den betroffenen Marktteilnehmern ermöglichen, über das Transparency & Consent Framework 2.2 diesen Vorgaben gerecht zu werden. Das TCF 2.2 tritt bereits am 16. Mai 2023 in Kraft – und die Umsetzungsfristen für betroffene Unternehmen sind extrem kurz.

Die wichtigste Neuerungen des TCF 2.2 sind:

  • Abschaffung der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses für die Personalisierung von Online-Werbung und -Inhalten: Unternehmen können nun nur noch auf der Grundlage einer wirksamen Einwilligung der Nutzer pseudonyme Daten verarbeiten, um individuelle Werbung und Inhalte auszuspielen.
  • erweiterte Informationen für Nutzer in Bezug auf die Verarbeitungszwecke: Die in der Einwilligungsabfrage enthaltenen Angaben zu den Zwecken, für die die erhobenen Daten genutzt werden können, wurden überarbeitet. Die Informationen sollen jetzt verständlicher sein und wurden dazu auch um konkrete Beispiele ergänzt.
  • erweiterte Informationen für Nutzer in Bezug auf die Datenempfänger: Zu den Empfängern der Daten der Nutzer werden zusätzliche Informationen bereitgestellt, nämlich:
    • konkret vom jeweiligen Datenempfänger erhobene Datenkategorien
    • Speicherfristen für die erhobenen Daten beim jeweiligen Datenempfänger
    • falls einschlägig (und noch zulässig): die berechtigten Interessen des Datenempfängers für die Datenverarbeitung
  • Transparenz über die Anzahl der Datenempfänger: In der Einwilligungsabfrage muss zukünftig die Gesamtzahl der Datenempfänger bereits auf der ersten Ebene offen gelegt werden.
  • neue Anforderungen für den Widerruf der Einwilligung durch die Nutzer: Über eine spezielle Schaltfläche muss es möglich sein, die Einwilligungsabfrage erneut aufzurufen und die Einwilligung zu widerrufen.

Die meisten Anbieter von Websites und Apps werden sich zur Umstellung auf das TCF 2.2 an den Anbieter ihrer Einwilligungsabfrage (auch als „Cookie-Banner“ oder Consent Management Platform (CMP) bezeichnet) wenden. Auf Datenempfänger kommen dagegen größere technische Umstellungen zu.

Falls Sie Fragen zur Umsetzung des TCF 2.2 haben, melden Sie sich gern direkt bei uns.

Frankreich: Die Nutzung von Google Analytics verstößt gegen die DSGVO

Die französische Datenschutzbehörde CNIL gab am 10. Februar bekannt, dass sie gegen einen ungenannten französischen Website-Betreiber eine Anordnung zur Einhaltung der DSGVO erlassen hat, nachdem sie festgestellt hat, dass die Übermittlung personenbezogener Daten in die USA durch die Nutzung von Google Analytics nicht mit Art. 44 DSGVO vereinbar ist. Dies geschah im Lichte des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen „Schrems II“ und im Anschluss an eine von None of your business („NOYB“) an die CNIL gerichtete Beschwerde.

Hintergrund des Rechtsstreits

Am 17. August 2020 reichte NOYB 101 Beschwerden gegen EU-Webseitenbetreiber ein, die weiterhin Daten von Webseitenbesuchern an Google LLC und Facebook Inc. (jetzt Meta Platforms, Inc.) übermitteln und damit angeblich trotz des Urteils in der Rechtssache Schrems II weiterhin gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen. Am 13. Januar 2022 veröffentlichte NOYB bekanntlich die erste Entscheidung, die nach der Einreichung seiner Beschwerden erging – eine Entscheidung der österreichischen Datenschutzbehörde DSB, in der festgestellt wurde, dass die Verwendung von Google Analytics durch einen nicht genannten Website-Betreiber gegen die DSGVO verstößt. Die vorliegende Verfügung der CNIL ist die zweite Entscheidung, die von einer EU-Datenschutzbehörde als Reaktion auf die 101 Beschwerden von NOYB veröffentlicht wurde.

Zur weiteren Erläuterung führte die CNIL aus, dass Google Analytics, um die Anzahl der Besuche von Internetnutzern zu messen, jedem Besucher eine eindeutige Kennung zuweist, die, wie die CNIL hervorhob, ein personenbezogenes Datum darstelle, das anschließend zusammen mit weiteren dazugehörigen Daten in die USA übermittelt werde, was somit unter Kapitel V der Datenschutz-Grundverordnung falle. Darüber hinaus erklärte die CNIL, dass sie mit ihren europäischen Kollegen zusammengearbeitet habe, um die Rechtmäßigkeit der Bedingungen zu bewerten, unter denen die durch diesen Dienst gesammelten Daten an die USA übermittelt werden.

Feststellungen der CNIL

Die CNIL hob insbesondere hervor, dass nach der DSGVO die Übermittlung personenbezogener Daten in die USA nur dann erfolgen darf, wenn angemessene Garantien zur Gewährleistung der Datensicherheit gegeben sind und stellte fest, dass dies bei der Verwendung von Google Analytics durch den Website-Betreiber nicht der Fall war. Konkret wies die CNIL darauf hin, dass Google zwar zusätzliche Maßnahmen zur Regelung der Datenübermittlung im Zusammenhang mit der Google-Analytics-Funktionalität ergriffen habe, diese jedoch nicht ausreichten, um die Zugänglichkeit dieser Daten für US-Geheimdienste auszuschließen. Folglich stellte die CNIL fest, dass die Verwendung von Google Analytics in diesem Fall bedeutet, dass die Daten von Internetnutzern in die USA übermittelt werden, was einen Verstoß gegen die Art. 44 ff. DSGVO darstelle.

Deshalb wies die CNIL den Betreiber der Website an, seine Verarbeitung mit der DSGVO in Einklang zu bringen, gegebenenfalls durch Einstellung der Verwendung von Google Analytics (unter den derzeitigen Bedingungen) oder durch Verwendung eines Tools, das keine Übermittlung personenbezogener Daten in Länder außerhalb der EU beinhaltet. Darüber hinaus stellte die CNIL fest, dass der Website-Betreiber einen Monat Zeit habe, um der Richtlinie nachzukommen.

Darüber hinaus wies die CNIL darauf hin, dass sich die laufenden Untersuchungen der CNIL und ihrer EU-Kollegen auch auf andere Tools erstrecken, die von Websites verwendet werden, die zur Übermittlung von Daten von EU-Internetnutzern in die USA führen, und betonte, dass in naher Zukunft diesbezügliche Korrekturmaßnahmen ergriffen werden könnten.

Neues aus Frankreich – die CNIL hat (schon wieder) ein Rundschreiben versandt

Die CNIL (die französische Datenschutzbehörde) hat am 4. Februar 2021 angekündigt, dass sie Briefe und E-Mails an etwa 300 Organisationen, sowohl private als auch öffentliche, verschickt hat, um sie an die neuen Cookie-Regeln und die Notwendigkeit zu erinnern, Websites und Apps bis zum 31. März 2021 auf die Einhaltung dieser Regeln zu überprüfen.

Was hatte die CNIL gesagt ?

Am 1. Oktober 2020 veröffentlichte die CNIL eine überarbeitete Version ihrer Richtlinien zu Cookies und ähnlichen Technologien (die „Richtlinien“), ihre endgültigen Empfehlungen zu den praktischen Modalitäten für die Einholung der Zustimmung der Nutzer zur Speicherung oder zum Auslesen nicht wesentlicher Cookies und ähnlicher Technologien auf ihren Geräten (die „Empfehlungen“) sowie eine Reihe von Fragen und Antworten zu den Empfehlungen. Auch wir hatten auf diesem Blog berichtet.  Die CNIL hatte beschlossen, eine Übergangsfrist von sechs Monaten für die Einhaltung der Empfehlungen einzuräumen (d. h. bis zum 31. März 2021) und kündigte an, dass sie nach dieser Übergangsfrist Inspektionen zur Durchsetzung der Empfehlungen durchführen wird.

Die CNIL hatte im Rahmen ihrer Untersuchungen festgestellt, dass eine Vielzahl von Unternehmen  diese Vorgaben die CNIL immer noch nicht einhält. Sie machte daher in Rundschreiben auf Folgendes aufmerksam:

Das Cookie-Banner muss zum einen detailliert angeben, für welche Zwecke Cookies auf den Geräten der Nutzer gesetzt werden. Allgemeine Informationen wie „diese Seite verwendet Cookies“ oder „Cookies werden verwendet, um die Effizienz der Dienste, die wir Ihnen anbieten, zu verbessern“ sind nicht ausreichend.

Die Benutzer müssen zum anderen die Möglichkeit haben, Cookies mit der gleichen Leichtigkeit zu akzeptieren oder abzulehnen. Wenn der Cookie-Banner eine Schaltfläche „Alle akzeptieren“ enthält, müssen Webbetreiber eine Schaltfläche „Alle ablehnen“ auf derselben Ebene und im selben Format wie die Schaltfläche „Alle akzeptieren“ hinzufügen. Alternativ können Web-Betreiber den Nutzern die Möglichkeit geben, Cookies abzulehnen, indem sie den Cookie-Banner schließen, aber dies muss den Nutzern deutlich gemacht werden, z. B. durch die Aufnahme eines Links „Fortfahren ohne zu akzeptieren“ in den Cookie-Banner. Die CNIL erinnerte Organisationen daran, dass das bloße Vorhandensein von „Alle akzeptieren“- und „Cookie-Einstellungen“-Schaltflächen nicht ausreichend ist.

Die CNIL analysiert in regelmäßigen Abständen die Cookie-Praktiken der beliebtesten 1.000 Websites in Frankreich. Basierend auf den Ergebnissen ihrer bisherigen Analyse hat die CNIL beschlossen, Briefe an etwa 100 Betreiber der beliebtesten Websites in Frankreich zu senden, die Cookies von mehr als sechs Drittanbieter-Domains setzen, ohne die vorherige Zustimmung der Nutzer einzuholen. Die CNIL erinnerte die Unternehmen an die Notwendigkeit, ihre Cookie-Zustimmungsschnittstellen für die Verwendung von Tracking-Technologien auf ihren Websites oder Apps anzupassen, z. B. wenn sie Inhalte aus externen Quellen wie Social-Media-Plug-ins hinzufügen.

Was sagt die CNIL zu Analyse-Cookies ?

Die CNIL erinnerte  außerdem daran, dass Analytics-Cookies von der Einwilligung ausgenommen werden können, wenn

  • die Cookies nur zur Erstellung anonymer Statistiken verwendet werden,
  • die für das ordnungsgemäße Funktionieren des Dienstes unbedingt erforderlich sind und
  • ausschließlich für den Betreiber der betreffenden Website oder App bestimmt sind.

In den kommenden Wochen wird die CNIL weitere Informationen zu den Analyselösungen veröffentlichen, die von der Einwilligung ausgenommen sind.

Frankreich: neue Orientierungshilfe zum Online-Tracking veröffentlicht

Die französische Datenschutzaufsichtsbehörde CNIL hat Anfang des Monats unter dem Titel „Cookies und andere Tracker“ zwei Papiere verabschiedet, in denen sie ihre Sichtweise zur Frage der Einwilligung beim Online-Tracking darlegt. Beim ersten der beiden Dokumente handelt es sich um „Leitlinien“, also in etwa um eine „Orientierungshilfe“ in der Sprache der deutschen Datenschutzkonferenz, das zweite Papier beinhaltet dagegen praktische Umsetzungsempfehlungen für Publisher, die prinzipiell keinen rechtlichen Gehalt haben.

Einwilligung auch beim Fingerprinting und im Mobile Tracking erforderlich

In Deutschland ist nach wie vor nicht geklärt, ob nach dem „Planet49“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs das Erfordernis einer Einwilligung nach Art. 5 Abs. 3 der ePrivacy-Richtlinie nur für Cookies oder auch für „cookieless“-Technologien wie Fingerprinting und Mobile Tracking gilt. Denn bei diesen Technologien erfolgt im Vergleich zum Tracking mit Cookies kein Zugriff auf Daten im Endgerät des Nutzers, sondern es werden lediglich Informationen genutzt, die das Endgerät ohnehin an den Server des Publishers überträgt. Ohne weitere Diskussion folgt die CNIL in ihrem Papier derjenigen Ansicht, die für alle Tracking-Technologien eine Einwilligung für erforderlich hält – wohl dem ursprünglichen Ansinnen des Gesetzgebers aus dem Jahr 2009 entsprechend, „technologieneutrale“ Regeln aufzustellen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Position auch in Deutschland Schule macht.

Cookie Walls: die CNIL bleibt skeptisch

Obwohl das höchste französische Verwaltungsgericht, der Conseil d’État, das von der CNIL ursprünglich erlassene Verbot von Cookie Walls aufgehoben hatte, bleibt die Behörde in ihrer neuen Verlautbarung skeptisch: Consent-Management-Plattformen (CMPs), die Nutzern den Zugriff zu verweigern, wenn sie keine Einwilligung abgeben, führen für die CNIL zumindest „in bestimmten Fällen“ zur „Beeinträchtigung der Freiwilligkeit“ – und damit zur Unwirksamkeit – der Einwilligung. In Deutschland sind Cookie Walls bereits weit verbreitet, unseres Wissens auch mit dem Segen der hiesigen Aufsichtsbehörden. Auch die CNIL wird sich dieser Entwicklung nicht versperren können, zumal ihr bei diesem Thema nunmehr gerichtlich die Hände gebunden sind.

In ähnlicher Form findet sich die Problematik an anderer Stelle des Papiers erneut wieder: Die CNIL fordert, dass Publisher es (wie in der „Second Layer“ der CMP nach dem TCF 2.0 vorgesehen) Nutzern ermöglichen müssen, ihre Einwilligung in Bezug auf einzelne Verarbeitungszwecke oder eingesetzte Dienste zu beschränken oder diese auszuschließen.

Transparenzpflichten

Hinsichtlich der Transparenzpflichten des Publishers beim Einsatz von Tracking-Technologien macht die Stellungnahme der CNIL zunächst den erfreulichen Eindruck, als folge man im Wesentlichen der Linie des TCF 2.0. Problematisch ist jedoch, dass eine vollständige Liste aller Verantwortlichen gefordert wird, die einwilligungspflichtige Tracker verwenden. Dies stellt ein Problem für Publisher dar, die Nutzerdaten für die Weitergabe an Dritte erheben (Data Broker oder Data Enrichment genannt). Hier kann der Publisher unmöglich wissen, wer die Daten letzten Endes erhält und nutzt. Die CNIL stellt hier also eine Bedingung auf, die für einen großen Teil der Branche praktisch nicht umsetzbar ist. Auch in Deutschland tritt dieses Problem auf – und wird auch vom TCF 2.0 nicht zufriedenstellend gelöst.

Publisher und Dienstleister als Joint Controller

Ohne konkret zu werden, bläst auch die CNIL in das bei allen Aufsichtsbehörden so beliebte Horn der gemeinsamen Verantwortlichkeit: Nach dem „Fashion-ID“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs sind Publisher beim Einsatz von Tracking-Skripten wie dem Facebook-Pixel zumindest für den Vorgang der Datenerhebung gemeinsam verantwortlich, was den Abschluss einer gesonderten Vereinbarung erforderlich macht und entsprechende Transparenzpflichten auslöst.

Kein Einwilligungserfordernis für Analytics

Die erfreulichste Nachricht der CNIL findet sich ganz am Ende ihres Papiers: Für den Einsatz von Analytics-Diensten benötige man keine Einwilligung – auch dann nicht, wenn dazu Cookies gesetzt werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Behörde über eine kreative Auslegung einer Ausnahmevorschrift der ePrivacy-Richtlinie: Der Einsatz von Webanalyse-Diensten sei für die Arbeit der Publisher in den Augen der CNIL „unbedingt erforderlich“. Dies gilt jedoch nicht, wenn die dabei erhobenen Daten für über die strikte Messung der Besucherzahlen hinaus gehende Zwecke genutzt werden – dann braucht es doch wieder eine Einwilligung.

Wird die „alles ablehnen“-Schaltfläche Pflicht?

Die CNIL wird nicht müde, es zu betonen: Für den Nutzer muss die Verweigerung der Einwilligung genauso einfach sein wie ihre Erteilung. Sie empfiehlt(!) daher, Nutzern bereits in der so genannten First Layer der CMP die Möglichkeit zu geben, mit einem Klick alle Cookies abzulehnen. Anders ausgedrückt: Die CNIL wünscht sich, dass Publisher unmittelbar neben der Schaltfläche “alle Cookies akzeptieren” auch direkt einen Button „alle Cookies ablehnen“ anzuzeigen – und ihn nicht in der Second Layer über die Schaltfläche „Einstellungen“ zu verstecken:

So wünscht es sich die CNIL: Direkt neben der Schaltfläche „alles akzeptieren“ bietet die CMP einen „alle ablehnen“-Button.

Geltungsdauer der Einwilligung

Hinsichtlich der Geltungsdauer der Einwilligung sieht es die CNIL schließlich als „gute Praxis“, die Abgabe oder Verweigerung der Einwilligung sechs Monate lang zu speichern. Aus Sicht der Publisher ist diese Äußerung als praktischer Anhaltspunkt einerseits erfreulich, andererseits wäre hier mehr Flexibilität wünschenswert: Die CNIL möchte aber verhindern, dass die CMP bei jedem Besuch einer Website erneut angezeigt wird und Nutzer so zur Einwilligung gedrängt werden.

Fazit

Es ist zu begrüßen, dass die CNIL – gerade im Vergleich zu den deutschen Aufsichtsbehörden – ihre Auslegung der gesetzlichen Anforderungen auf diese Weise klarstellt und sich darum bemüht, praktische Hinweise zu ihrer Umsetzung zu geben. Es ist gut möglich, dass die in den beiden Papieren vertretenen Ansichten auch hierzulande Schule machen. Um so mehr ist es wichtig, dass sich auch die deutsche Onlinemarketing-Branche mit ihnen auseinandersetzt und frühzeitig den Austausch mit den Aufsichtsbehörden sucht – und im Zuge der geplanten Novelle des deutschen Telemediengesetzes durch das „Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz“ („TTDSG“) auch mit dem Gesetzgeber. Dabei lohnt es sich auch, Haltung zu zeigen und nicht jede veröffentlichte Auslegung einfach hinzunehmen. Das beste Beispiel dafür ist die erfolgreiche Klage gegen das französische Verbot von Cookie-Walls. Besonders spannend wird dabei sein, welche CMP-Gestaltungen zukünftig von den Behörden und letztlich von den Gerichten akzeptiert werden – wir beraten Sie dazu gern.