Frankreich: neue Orientierungshilfe zum Online-Tracking veröffentlicht

Die französische Datenschutzaufsichtsbehörde CNIL hat Anfang des Monats unter dem Titel „Cookies und andere Tracker“ zwei Papiere verabschiedet, in denen sie ihre Sichtweise zur Frage der Einwilligung beim Online-Tracking darlegt. Beim ersten der beiden Dokumente handelt es sich um „Leitlinien“, also in etwa um eine „Orientierungshilfe“ in der Sprache der deutschen Datenschutzkonferenz, das zweite Papier beinhaltet dagegen praktische Umsetzungsempfehlungen für Publisher, die prinzipiell keinen rechtlichen Gehalt haben.

Einwilligung auch beim Fingerprinting und im Mobile Tracking erforderlich

In Deutschland ist nach wie vor nicht geklärt, ob nach dem „Planet49“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs das Erfordernis einer Einwilligung nach Art. 5 Abs. 3 der ePrivacy-Richtlinie nur für Cookies oder auch für „cookieless“-Technologien wie Fingerprinting und Mobile Tracking gilt. Denn bei diesen Technologien erfolgt im Vergleich zum Tracking mit Cookies kein Zugriff auf Daten im Endgerät des Nutzers, sondern es werden lediglich Informationen genutzt, die das Endgerät ohnehin an den Server des Publishers überträgt. Ohne weitere Diskussion folgt die CNIL in ihrem Papier derjenigen Ansicht, die für alle Tracking-Technologien eine Einwilligung für erforderlich hält – wohl dem ursprünglichen Ansinnen des Gesetzgebers aus dem Jahr 2009 entsprechend, „technologieneutrale“ Regeln aufzustellen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Position auch in Deutschland Schule macht.

Cookie Walls: die CNIL bleibt skeptisch

Obwohl das höchste französische Verwaltungsgericht, der Conseil d’État, das von der CNIL ursprünglich erlassene Verbot von Cookie Walls aufgehoben hatte, bleibt die Behörde in ihrer neuen Verlautbarung skeptisch: Consent-Management-Plattformen (CMPs), die Nutzern den Zugriff zu verweigern, wenn sie keine Einwilligung abgeben, führen für die CNIL zumindest „in bestimmten Fällen“ zur „Beeinträchtigung der Freiwilligkeit“ – und damit zur Unwirksamkeit – der Einwilligung. In Deutschland sind Cookie Walls bereits weit verbreitet, unseres Wissens auch mit dem Segen der hiesigen Aufsichtsbehörden. Auch die CNIL wird sich dieser Entwicklung nicht versperren können, zumal ihr bei diesem Thema nunmehr gerichtlich die Hände gebunden sind.

In ähnlicher Form findet sich die Problematik an anderer Stelle des Papiers erneut wieder: Die CNIL fordert, dass Publisher es (wie in der „Second Layer“ der CMP nach dem TCF 2.0 vorgesehen) Nutzern ermöglichen müssen, ihre Einwilligung in Bezug auf einzelne Verarbeitungszwecke oder eingesetzte Dienste zu beschränken oder diese auszuschließen.

Transparenzpflichten

Hinsichtlich der Transparenzpflichten des Publishers beim Einsatz von Tracking-Technologien macht die Stellungnahme der CNIL zunächst den erfreulichen Eindruck, als folge man im Wesentlichen der Linie des TCF 2.0. Problematisch ist jedoch, dass eine vollständige Liste aller Verantwortlichen gefordert wird, die einwilligungspflichtige Tracker verwenden. Dies stellt ein Problem für Publisher dar, die Nutzerdaten für die Weitergabe an Dritte erheben (Data Broker oder Data Enrichment genannt). Hier kann der Publisher unmöglich wissen, wer die Daten letzten Endes erhält und nutzt. Die CNIL stellt hier also eine Bedingung auf, die für einen großen Teil der Branche praktisch nicht umsetzbar ist. Auch in Deutschland tritt dieses Problem auf – und wird auch vom TCF 2.0 nicht zufriedenstellend gelöst.

Publisher und Dienstleister als Joint Controller

Ohne konkret zu werden, bläst auch die CNIL in das bei allen Aufsichtsbehörden so beliebte Horn der gemeinsamen Verantwortlichkeit: Nach dem „Fashion-ID“-Urteil des Europäischen Gerichtshofs sind Publisher beim Einsatz von Tracking-Skripten wie dem Facebook-Pixel zumindest für den Vorgang der Datenerhebung gemeinsam verantwortlich, was den Abschluss einer gesonderten Vereinbarung erforderlich macht und entsprechende Transparenzpflichten auslöst.

Kein Einwilligungserfordernis für Analytics

Die erfreulichste Nachricht der CNIL findet sich ganz am Ende ihres Papiers: Für den Einsatz von Analytics-Diensten benötige man keine Einwilligung – auch dann nicht, wenn dazu Cookies gesetzt werden. Zu diesem Ergebnis kommt die Behörde über eine kreative Auslegung einer Ausnahmevorschrift der ePrivacy-Richtlinie: Der Einsatz von Webanalyse-Diensten sei für die Arbeit der Publisher in den Augen der CNIL „unbedingt erforderlich“. Dies gilt jedoch nicht, wenn die dabei erhobenen Daten für über die strikte Messung der Besucherzahlen hinaus gehende Zwecke genutzt werden – dann braucht es doch wieder eine Einwilligung.

Wird die „alles ablehnen“-Schaltfläche Pflicht?

Die CNIL wird nicht müde, es zu betonen: Für den Nutzer muss die Verweigerung der Einwilligung genauso einfach sein wie ihre Erteilung. Sie empfiehlt(!) daher, Nutzern bereits in der so genannten First Layer der CMP die Möglichkeit zu geben, mit einem Klick alle Cookies abzulehnen. Anders ausgedrückt: Die CNIL wünscht sich, dass Publisher unmittelbar neben der Schaltfläche “alle Cookies akzeptieren” auch direkt einen Button „alle Cookies ablehnen“ anzuzeigen – und ihn nicht in der Second Layer über die Schaltfläche „Einstellungen“ zu verstecken:

So wünscht es sich die CNIL: Direkt neben der Schaltfläche „alles akzeptieren“ bietet die CMP einen „alle ablehnen“-Button.

Geltungsdauer der Einwilligung

Hinsichtlich der Geltungsdauer der Einwilligung sieht es die CNIL schließlich als „gute Praxis“, die Abgabe oder Verweigerung der Einwilligung sechs Monate lang zu speichern. Aus Sicht der Publisher ist diese Äußerung als praktischer Anhaltspunkt einerseits erfreulich, andererseits wäre hier mehr Flexibilität wünschenswert: Die CNIL möchte aber verhindern, dass die CMP bei jedem Besuch einer Website erneut angezeigt wird und Nutzer so zur Einwilligung gedrängt werden.

Fazit

Es ist zu begrüßen, dass die CNIL – gerade im Vergleich zu den deutschen Aufsichtsbehörden – ihre Auslegung der gesetzlichen Anforderungen auf diese Weise klarstellt und sich darum bemüht, praktische Hinweise zu ihrer Umsetzung zu geben. Es ist gut möglich, dass die in den beiden Papieren vertretenen Ansichten auch hierzulande Schule machen. Um so mehr ist es wichtig, dass sich auch die deutsche Onlinemarketing-Branche mit ihnen auseinandersetzt und frühzeitig den Austausch mit den Aufsichtsbehörden sucht – und im Zuge der geplanten Novelle des deutschen Telemediengesetzes durch das „Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz“ („TTDSG“) auch mit dem Gesetzgeber. Dabei lohnt es sich auch, Haltung zu zeigen und nicht jede veröffentlichte Auslegung einfach hinzunehmen. Das beste Beispiel dafür ist die erfolgreiche Klage gegen das französische Verbot von Cookie-Walls. Besonders spannend wird dabei sein, welche CMP-Gestaltungen zukünftig von den Behörden und letztlich von den Gerichten akzeptiert werden – wir beraten Sie dazu gern.