Landgericht München hält das Cookie-Banner auf „Focus Online“ für nicht datenschutzkonform

Cookie-Banner – ein Dauerbrenner im Datenschutz

Cookie-Banner sind im Internet allgegenwärtig: Fast jede Website fragt ihre Besucher nach einer Einwilligung für die Nutzung von Tracking-Cookies und die Verarbeitung von personenbezogenen Nutzerdaten zu Werbezwecken. An diese Einwilligung stellen DSGVO und TTDSG hohe Anforderungen. Aufgrund ihrer Verbreitung und datenschutzrechtlichen Relevanz überrascht es daher nicht, dass Cookie-Banner regelmäßig im Fokus der Aufsichtsbehörden stehen, was etwa die länderübergreifende und koordinierte Prüfung von Websites reichweitenstarker Verlage vor zwei Jahren zeigt (wir berichteten).

Ein immer wiederkehrendes Thema ist die rechtskonforme Gestaltung von Cookie-Bannern, denn diese beeinflusst, ob eine Einwilligung wirksame eingeholt wird oder eben nicht. Insbesondere wird geprüft, ob das Cookie-Banner es dem Besucher erlaubt, eine informierte und freiwillige Entscheidung in Bezug auf das Setzen von Cookies oder der Verarbeitung seiner Daten zu treffen. Die Aufsichtsbehörden haben dazu Vorgaben gemacht. Erst kürzlich konkretisierte die deutsche Datenschutzkonferenz diese Vorgaben in der aktualisierten Orientierungshilfe für Telemedienanbieter.

Das Cookie-Banner auf Focus Online im Januar 2023.

Landgericht München I: keine wirksamen Einwilligungen über das Cookie-Banner auf „Focus Online“

Wie ein Cookie-Banner nicht auszusehen hat, zeigt kürzliches, noch unveröffentlichtes Urteil des Landgericht München I (Az. 33 O 14776/19) gegen den Betreiber von Focus Online. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband, welcher auch gegen vier weitere Verlagshäuser Klage erhoben hat.

In seiner Entscheidung führt das Landgericht München I aus, dass das im Zeitpunkt der Klageerhebung 2019 eingesetzte Cookie-Banner auf Focus Online nicht dafür geeignet war, informierte und freiwillige Einwilligungen der Nutzer einzuholen. Die zwei wesentlichen Kritikpunkte:

  1. zu viele (!) Informationen: Das Urteil enthält 141 (!) Seiten mit Screenshots der Cookie-Banner zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt 2019. Eine solche Fülle an Informationen kann aus Sicht des Gerichts von einem durchschnittlichen Besucher vernünftigerweise nicht erfasst werden.
  2. Aufwand der Ablehnung zu hoch (keine „alles ablehnen“-Schaltfläche): Der Betreiber hatte sich damit verteidigt, dass das Gesetz nicht ausdrücklich vorsieht, dass Besucher bereits auf der ersten Ebene eines Cookie-Banners alle Datenverarbeitungen mit einem Klick ablehnen können und sich stattdessen an die „Zweistufigkeit“ von Bannern gewöhnt hätten. Das Gericht entschied, dass es beim Banner auf Focus-Online zu viel Zeit des Besuchers in Anspruch nahm, die Einwilligung zu verweigern.

Kein Berufen auf „berechtigte Interessen“ für Analyse- und Werbezwecke

Des Weiteren äußerte sich das Landgericht München zu der Frage, ob das Tracking des Nutzerverhaltens zu Analyse- und Werbezwecken (alternativ) auf berechtigte Interessen gestützt werden kann – und damit gar keine Einwilligung erforderlich ist. Dies lehnte das Gericht jedoch ab. Das Finanzierungsinteresse journalistischer Inhalte, wie es der Betreiber vorgetragen hatte, reicht dafür nicht aus.

Ebenso entschied das Gericht, dass die Cookies, welche für ein derartiges Tracking verwendet werden, nicht als für den Betrieb der Website „unbedingt erforderlich“ eingestuft werden können – sie bedürfen daher der Einwilligung.

Auswirkungen des Urteils: Cookie-Banner auf Focus Online basiert auf dem TCF-Standard

Zu erwähnen ist schließlich, dass das Cookie-Banner von Focus Online auf dem weit verbreiteten Transparency and Consent Framework (TCF) der Branchenorganisation IAB Europe basiert. Dieser war von der zuständigen belgischen Datenschutzbehörde erst im Frühjahr dieses Jahres für unzulässig erklärt worden (wir berichteten).

Bezeichnend für das TCF ist unter anderem, dass mit einem Klick die Zustimmung eines Besuchers für dutzende oder teils mehr als hundert Werbedienstleister erhoben wird – was wohl in vorliegendem Urteil auch erklärt, weshalb das Cookie-Banner von Focus Online einen solch großen Informationsumfang hatte. Genau das sah das Gericht aber als problematisch an.

Ausblick

Zentral für die Gestaltung eines rechtskonformen Cookie-Banners bleibt die Einhaltung der Anforderungen an die Einwilligung nach DSGVO und TTDSG. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, kann insbesondere im Bereich des Besuchertrackings oder der personalisierten Werbung nicht auf berechtigte Interessen zurückgegriffen werden.

Der Betreiber hat bereits angekündigt, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung bleibt die Erkenntnis, dass die eigene Datenschutz-Compliance auch das Thema Cookie-Banner nicht vernachlässigen sollte. So werden nach den großen Anbietern wie Google und Amazon zunehmend auch nationale Unternehmen von den Aufsichtsbehörden ins Auge gefasst.

Dies kann für Unternehmen mit einer Vielzahl an Datenverarbeitungsvorgängen auf der eigenen Website herausfordernd sein. Bedauerlicherweise helfen hierbei aber momentan Industriestandards wie das TCF nicht ab. Vielmehr zeigt das Urteil, dass das TCF in seiner jetzigen Beschaffenheit Datenschutz-Probleme eher schafft als löst. Jedenfalls kann mit der Nutzung des TCF nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass man datenschutzkonform aufgestellt ist.

Bei Fragen zur Gestaltung Ihres Cookie-Banners, zum TCF und zu allen anderen datenschutzrelevanten Themen unterstützen wir Sie gern.

Digital Services Act: neue Kennzeichnungspflichten für das Onlinemarketing

Mit dem Digital Services Act (DSA) möchte die EU die Regeln in der Digitalbranche grundlegend neu fassen und weiter vereinheitlichen. Insbesondere steht beim DSA die Bekämpfung von „hate speech“ und der Umgang mit illegalen Inhalten im Fokus. Doch auch im Bereich der Online-Werbung sind wesentliche Änderungen geplant. Dies betrifft insbesondere neue Transparenzpflichten für Online-Werbung.

Jetzt hat die EU-Kommission ein neues FAQ-Dokument veröffentlicht, das die wesentlichen geplanten Neuerungen skizziert. Gerade über die zukünftige Regulierung von Online-Werbung wurde im Gesetzgebungsverfahren hitzig debattiert, insbesondere vor dem Hintergrund des Vorschlags einiger EU-Abgeordneter, personalisierte Werbung vollständig zu verbieten. Letztlich ging dieser Vorschlag nicht durch – die EU zieht die Zügel dennoch merklich an.

Wenngleich sich das EU-Parlament und der Rat im April 2022 auf die neuen Vorschriften geeinigt haben: Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern – die finale Version ist noch nicht veröffentlicht, Änderungen sind also noch möglich. Dennoch zeichnet sich jetzt schon ab, was vom DSA in diesem Bereich zu erwarten ist.

Publisher werden zu mehr Transparenz bei nutzerspezifischer Online-Werbung verpflichtet

Personalisierte Werbung soll also zwar weiterhin erlaubt bleiben, doch sind neue Regeln zu beachten: Neben einem ausdrücklichen Verbot personalisierter Werbung in Bezug auf Minderjährige oder auf Grundlage sensibler Daten (z.B. ethnische Herkunft, sexuelle Orientierung) sollen Anbieter bei nutzerspezifischer Online-Werbung zusätzliche Transparenzpflichten erfüllen, die den Nutzern mehr Informationen zu der ihnen angezeigten Werbung zur Verfügung stellen.

So sollen Nutzer klar erkennen können, ob und warum eine Werbeanzeige gerade auf sie abzielt und wer sie finanziert hat. Ebenfalls soll für den Nutzer erkennbar sein, wann Inhalte gesponsert sind oder originär und ungesteuert auf einer Plattform veröffentlicht werden oder wenn Influencer Werbung verbreiten. Weiterhin soll für potenziell illegale Werbung Meldepflichten gelten.

Dabei ist klar: Diese Pflichten können die Publisher selbst nicht erfüllen – sie müssen dazu auf die Infrastruktur ihrer Werbedienstleister zurückgreifen können. Entsprechend müssen diese Unternehmen Vorkehrungen treffen, zukünftig mit dem Werbemittel zuverlässig die entsprechenden Informationen auszuliefern.

Geplant sind zudem erweiterte Pflichten für sehr große Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern. Hierzu zählt die Einrichtung von öffentlich zugänglichen (Werbe-)Archiven. In diesen sollen Werbeanzeigen archiviert werden und es ermöglichen zu überprüfen, wie Werbung angezeigt und gezielt ausgerichtet wurde. Außerdem sollen sehr große Online-Plattformen dazu verpflichtet werden, ihre Werbesysteme dahingehend zu überprüfen, ob und wie sie manipuliert werden oder anderweitig zu gesellschaftlichen Risiken beitragen und wie diesen begegnet werden kann.

Ausblick

Auf Online-Plattformen und Werbetreibende kommen damit erhebliche Veränderungen zu. Ob hiermit aber, wie der EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton markant auf Twitter verlauten ließ, ein neuer Sheriff in der Stadt ist, der Ordnung in den „Digitalen Wilden Westen“ bringt, wird sich zeigen.

Sobald die finale Version veröffentlicht ist, werden wir Sie selbstverständlich informieren.

CNIL untersagt Nutzung von Google Analytics

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Die französische Datenschutzbehörde CNIL legt in Sachen Google Analytics und DSGVO nach: Offenbar wurden bereits mehrere Untersagungsverfügungen gegen Website-Betreiber versandt, die den Analyse-Dienst nutzen. Auf der Website der Behörde findet sich eine Seite mit Fragen und Antworten zum Thema – bislang nur auf Französisch, weshalb wir hier die wesentlichen Aussagen wiedergeben und in den nötigen Kontext setzen.

Zum Hintergrund: Die Datenschutzorganisation NOYB hatte 2020 insgesamt 101 Beschwerden gegen Website-Betreiber in der gesamten EU erhoben, die über Google Analytics angeblich Daten ihrer Nutzer in die USA übertrugen. Auf diesem Wege wollen die Aktivisten dazu beitragen, das Schrems-II-Urteil des Europäischen Gerichtshofs durchzusetzen – auch bekannt als „Projekt 101 Dalmatiner“.

Rechtlich sieht das Ganze so aus: Für eine Datenübertragung aus der EU heraus gibt es die DSGVO-Standardvertragsklauseln (SCCs), deren hohe Anforderungen zur Datensicherheit nach dem Europäischen Datenschutzausschuss aber in der Praxis aktuell quasi nicht erfüllt werden können.

Die Kernaussage der CNIL: Googles Datensicherheitsmaßnahmen erfüllen diese Anforderungen nicht. Die in die USA übertragenen Nutzerdaten seien nicht ausreichend geschützt. In der Konsequenz heißt das: Die Nutzung von Google Analytics ist DSGVO-widrig!

Die von der Untersagungsverfügung der CNIL betroffenen Unternehmen erhielten eine Frist von einem Monat (in Einzelfällen auch länger), um den DSGVO-Verstoß abzustellen. Auch wer nicht angeschrieben wurde, sei aufgefordert, Google Analytics bei sich abzuschalten.

Im Dezember 2021 hatte die österreichische Datenschutzbehörde bereits ebenso entschieden. Anfang 2022 war die CNIL dem gefolgt (wir hatten dazu berichtet). Eine Entscheidung zu den 101-Dalmatiner-Verfahren aus Deutschland steht derweil aus. Die europäischen Datenschutzbehörden stehen dabei aber im Austausch – zum Beispiel hat sich die niederländische Aufsichtsbehörde bereits gleichlautend geäußert.

Die CNIL wiederholt dabei zwei wichtige Punkte:

  • eine Verschlüsselung hilft nur, wenn die Daten verschlüsselt bleiben, was sie in der Regel nutzlos macht (so schon der EDPB)
  • eine Einwilligung der betroffenen Nutzer ist für diese Zwecke nicht möglich (so schon die deutsche Datenschutzkonferenz)

Die CNIL betont außerdem: Es gibt aktuell keine Möglichkeit, durch Einstellungen im Backend von Google Analytics für DSGVO-Konformität zu sorgen. (Insbesondere reicht die so genannte „IP-Anonymisierung“ nicht aus, da trotzdem personenbezogene Daten erhoben und in die USA übertragen werden.)

Die nach der CNIL einzige Lösung: Einen Proxy-Server zwischenschalten, um die Daten vor der Übertragung an Google wirksam zu anonymisieren. Die CNIL-Website erklärt, wie das geht (leider nur auf Französisch). Außerdem gibt es eine Liste mit Alternativ-Diensten, die DSGVO-konform genutzt werden können.

Zum aktuellen Update auf Google Analytics 4 äußert sich die CNIL nicht. Google selbst schweigt bislang – und auch das geplante neue EU-US-Datenschutzabkommen wird trotz der Ankündigung der EU-Kommission im März nicht so bald kommen.

Spanien: 3 Millionen Euro Bußgeld gegen Bank wegen Erstellung von Marketing-Profilen

Foto: jcorrius, CC BY 2.0 (cropped)

Die spanische Datenschutzbehörde AEPD hat in einer Entscheidung vom September 2021 einer Bank ein Bußgeld in Höhe von 3 Millionen Euro auferlegt, weil diese Marketing-Profile ihrer Kunden erstellt hatte, ohne von diesen zuvor eine DSGVO-konforme Einwilligung eingeholt zu haben.

Hintergrund der Entscheidung

Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Beschwerde eines Kunden bei der Datenschutzbehörde. Dieser gab an, die Bank habe seine Daten an ein anderes Unternehmen weitergegeben, obwohl er seit Jahren keinerlei Geschäftsbeziehungen mehr zu der Bank unterhalte. Diese erklärte daraufhin, sie lege Profile ihrer Kunden an, um einerseits deren Kreditwürdigkeit zu ermitteln und andererseits, um diese Daten für Marketingzwecke zu nutzen. Hinsichtlich der Nutzung der Profile zu Marketingzwecken beruft sich die Bank auf eine Einwilligung ihrer Kunden. Bei den für diese Zwecke verarbeiteten personenbezogenen Daten handelte es sich konkret um Angaben zur Identität wie Ausweisnummer und Geburtsdatum, soziodemografische Daten wie Postleitzahl, Geburtsland, Staatsangehörigkeit, Art der Wohnung, Alter und Personenstand, wirtschaftliche Daten wie Einkommen, Beruf, Dauer der Kundenbeziehung sowie eine Risikobewertung. Die Daten stammten von den Betroffenen selbst, von Kreditbewertungsunternehmen sowie von der Bank und ihren Schwesterunternehmen.

Entscheidung der Behörde

Die AEPD prüfte daraufhin die Art und Weise, wie die Bank die erforderlichen Einwilligungen eingeholt hatte und stellte fest, dass die Betroffenen nicht ausreichend über die Verarbeitung ihrer Daten informiert waren, um wirksam einwilligen zu können. Konkret konnten die Betroffenen aus den bereitgestellten Informationen nicht entnehmen, welche Daten genau wozu verarbeitet wurden und wie detailliert das Profil war. Weiterhin war es den Betroffenen nicht möglich, in jeden der Zwecke getrennt einzuwilligen.

In der Konsequenz waren die Einwilligungen insgesamt unwirksam, die Verarbeitung der Daten durch die Bank verstieß daher gegen die DSGVO und war somit rechtswidrig. Die AEPD verhängte deshalb das erwähnte Bußgeld und verpflichtete die Bank, innerhalb von sechs Monaten sicherzustellen, die genannten Fehler zu beheben.

Hohe Anforderungen an die Einwilligung

Die Entscheidung der spanischen Datenschutzbehörde verdeutlicht ein weiteres Mal, wie hoch die Anforderungen der DSGVO an eine wirksame Einwilligung sind. Erforderlich ist insbesondere eine für die Adressaten der Einwilligung verständliche und klare Beschreibung der Zwecke, für die die Daten verarbeitet werden, sodass diese für den Betroffenen genau nachvollziehbar sind. Allgemeine oder beschönigende Floskeln genügen dem nicht. Die Argumentation der AEPD liegt damit auf einer Linie mit den übrigen europäischen Datenschutzbehörden ein – insbesondere zur jüngsten Entscheidung zum TCF 2.0 aus Belgien.

CNIL: Weiterverarbeitung von Daten des Auftragsverarbeiters für eigene Zwecke?

Um dem gesteigerten Interesse des Auftragsverarbeiters an einer eigenen Verarbeitung personenbezogener Daten – wie zur Produktverbesserungen oder Entwicklung neuer Dienstleistungen – zu begegnen, hat die französische Datenschutzbehörde CNIL im Januar Richtlinien veröffentlicht, nach denen eine solche Weiterverarbeitung rechtmäßig erfolgen kann.

Nach Ansicht der CNIL kann der Verantwortliche dem Auftragsverarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen die Weiterverarbeitung für eigene Zwecke erlauben. Dafür muss der Verantwortliche im Rahmen eines „Kompatibilitätstests“ für jede konkrete Datenweiterverarbeitung überprüfen, ob die Weiterverarbeitung mit dem Zweck vereinbar ist, für den die Daten ursprünglich erhoben wurden. Die Erlaubnis muss analog zur Auftragsverarbeitungsvereinbarung schriftlich erfolgen. Die Informationspflicht hinsichtlich der geplanten Weiterverarbeitung trifft den ursprünglichen Verantwortlichen, der diese aber auch an den Auftragsverarbeiter (und nunmehr „Verantwortlicher für die Weiterverarbeitung“) delegieren kann. Letztlich wird dieser für die Weiterverarbeitung der Daten selbst zum Verantwortlichen und hat die Einhaltung der DSGVO für diese Verarbeitung sicherzustellen.

Die CNIL stützt die Erlaubnis der Weiterverarbeitung hauptsächlich auf die selten zitierte Regelung zur so genannten Zweckänderung in Art. 6 Abs. 4 DSGVO. Als Begründung knüpft die CNIL hier lediglich an den Wortlaut der Norm an, der eine Weiterverarbeitung von Daten grundsätzlich nach einem „Kompatibilitätstest“ gestattet. Im Übrigen verlangt sie die Einhaltung der weiteren Normen zur Auftragsdatenverarbeitung wie Textform der Vereinbarung nach Art. 28 Abs. 9 DSGVO, aber auch die Einhaltung der Informationspflicht gegenüber den Betroffenen nach den Artt. 13 f. DSGVO.

Offen bleibt, wie die CNIL den hier entstehenden Konflikt mit der Systematik der DSGVO löst, die eine Anwendung des Art. 6 Abs. 4 DSGVO auf Auftragsverarbeiter eigentlich nicht vorsieht. Folgt man den Richtlinien, so ist das Endergebnis ein ehemaliger Auftragsverarbeiter, der zwar mit Erlaubnis, aber dennoch weisungsfrei als neuer Verantwortlicher gegenüber den Betroffenen auftritt.

Das verstößt einerseits gegen den Grundsatz des Art. 28 Abs. 3 S. 2 DSGVO, nachdem Auftragsverarbeiter nur unter Aufsicht und auf Weisung tätig werden dürfen und verwundert andererseits und insbesondere im Hinblick auf Art. 28 Abs. 10 DSGVO. Hiernach gilt es wörtlich als „Verstoß gegen die Verordnung“, wenn ein Auftragsverarbeiter die Zwecke und Mittel der Verarbeitung selbst bestimmt.

Dem kann eigentlich auch kaum entgegengehalten werden, dass der ursprüngliche Verantwortliche hierfür seine Erlaubnis erteilt hat und der neue Verantwortliche (Ex-Auftragsverarbeiter) im Rahmen einer Weisung handelt. Hierbei handelt es sich um eine Vertragsgestaltung, die dem Auftragsverarbeiter Rechte einräumt, die in der DSGVO so nicht vorgesehen wurden. Die eigentliche Folge wäre demnach ein Verstoß gegen die DSGVO.

Es bleibt abzuwarten, wie weitere europäische Aufsichtsbehörden auf diesen Lösungsvorschlag der CNIL reagieren. Jedenfalls besteht ein großes und wohl auch berechtigtes Interesse der Auftragsverarbeiter an einer Verarbeitung personenbezogener Daten zum eigenen Zweck – im Hinblick auf die eher schwache dogmatische Begründung sind die Richtlinien der CNIL wohl zunächst mit etwas Vorsicht zu genießen.