Neues von der ePrivacy-Verordnung

Während fünf Monate nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung zumindest vorerst wieder etwas Ruhe in der Onlinemarketing-Branche einkehrt, dauern die Verhandlungen zur ePrivacy-Verordnung im Europäischen Rat an. Nach dem ursprünglichen Plan der Europäischen Kommission hätte die ePrivacy-VO als „Schwestergesetz“ der DSGVO bereits im Mai in Kraft treten sollen – nach Druck insbesondere der deutschen Branchenverbände waren die Regierungen aber erst einmal wieder in die Beratungen eingetreten. Währenddessen machte sich Ungewissheit breit, insbesondere zu der wichtigen Frage, ob für das Online-Tracking zukünftig tatsächlich eine (vorherige und freiwillige) Einwilligung der betroffenen Nutzer eingeholt werden muss.

Seit vergangenen Freitag liegt nun ein neuer Entwurf der österreichischen Ratspräsidentschaft für die ePrivacy-Verordnung vor – wir haben uns aus diesem Anlass die Frage gestellt: Was ist eigentlich der Stand der Verhandlungen?

  • Der aktuelle Zeitplan: Eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen – also eine Verabschiedung der Verordnung noch 2018 oder eine Vertagung bis nach der Europawahl im Mai 2019 – fällt in der zuständigen Arbeitsgruppe des Rats schon in den nächsten Tagen. Wir gehen derzeit eher vom zweiten Szenario aus. Zu bemerken ist dabei auch, dass der aktuell vorliegende Entwurf der österreichischen Ratspräsidentschaft eine zweijährige Übergangsfrist vorsieht, was die deutsche Bundesregierung auch unterstützt.
  • Der Stand der Verhandlungen: Bei einem Teil der Verhandlungspunkte wurde im Europäischen Rat bereits Einigung erzielt, viele Punkte sind jedoch nach wie vor offen. Insbesondere stellt sich die Frage, bei wie vielen Themen noch gar keine echte Diskussion stattgefunden hat und wo sich hier noch unsicheres Terrain auftun könnte.
  • Der geplante Regelungsansatz: Die Grundregel der ePrivacy-Verordnung ist nach wie vor, dass die dort geregelten Verarbeitungstatbestände der Einwilligung des Betroffenen bedürfen (es gibt also nicht sechs Rechtsgrundlagen wie in Art. 6 Abs. 1 DSGVO) – die Musik spielt dann aber im gesetzlichen Ausnahmekatalog.
  • Standortdaten: Aus unserer Sicht relevant ist zunächst, dass das Thema „Standortdaten“ und deren Nutzung noch vollkommen offen ist. Die deutsche Bundesregierung setzt sich dafür ein, eine – wie auch immer geartete – „pseudonymisierte“ Nutzung zu erlauben.
  • Cookies und Tracking: Vollkommen offen ist auch noch das Thema „Cookies“ (mit diesem Sammelbegriff meinen wir an dieser Stelle auch alle anderen Identifikations- und Trackingmechanismen) in Artikel 8 des ursprünglichen Entwurfs der Europäischen Kommission. Die deutsche Bundesregierung fordert, dass das Kopplungsverbot im Kommissionsentwurf dahingehend abgeschwächt werden soll, dass also werbefinanzierte Dienste nicht ohne Einwilligung nutzbar sein müssen. Spannend ist insbesondere vor diesem Hintergrund, dass der am vergangenen Freitag veröffentlichte neue Diskussionsentwurf der österreichischen Ratspräsidentschaft dazu vorsieht, Tracking in werbefinanzierten Diensten unter die Definition der Ausnahme „zur Erbringung eines Dienstes erforderlich“ zu fassen. Das wäre ein großer Erfolg für die Onlinemarketing-Branche, da dann die ePrivacy-Verordnung das bestehende Tracking im Wesentlichen nicht tangieren würde.
  • Browser-Lösung: Vollkommen offen ist der Vorschlag zur so genannten Browser-Lösung, dem Nutzer die Entscheidung über Tracking zu Marketing-Zwecken über seine Browser-Einstellungen zu überlassen (Artikel 10 des Kommissionsentwurfs). Die Bundesregierung und auch die französische Regierung unterstützen diese Idee, sie ist aber nach wie vor umstritten.
  • Keine Ausnahmen für KMU: Nicht geplant sind Ausnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen. Das heißt, dass das Gesetz für alle Unternehmen gleichermaßen gelten wird. Im Wesentlichen werden aber von den neuen Regeln ohnehin nur spezialisierte Dienstleister unmittelbar betroffen sein.
  • Die Position der Aufsichtsbehörden: Bis zum Inkrafttreten der ePrivacy-Verordung stellt sich die Frage, inwieweit die Aufsichtsbehörden auf der Grundlage der DSGVO gegen das Tracking zu Werbezwecken vorgehen wollen, sofern es ohne Einwilligung der Nutzer geschieht. Aus unserer Sicht wäre das eine „vorauseilende Umsetzung“ der ePrivacy-Verordnung mit den Mitteln der DSGVO. Die deutschen Aufsichtsbehörden haben in einer gemeinsamen Positionsbestimmung Anfang des Jahres verlautbart, dass sie an ihrer Auffassung festhalten, dass das deutsche Telemediengesetz (genauer: § 15 Abs. 3) die ePrivacy-Richtlinie unvollständig (das heißt falsch) umsetzt. Für November ist offenbar eine Entscheidung über das weitere Vorgehen der Aufsichtsbehörden geplant. Dies hängt möglicherweise im Wesentlichen davon ab, wie der weitere Zeitplan zur ePrivacy-Verordnung aussieht. Völlig ignoriert wird dabei aus unserer Sicht nach wie vor die Existenz des Artikel 6 Abs. 1 lit. f DSGVO (Verarbeitung personenbezogener Daten auf der Grundlagen berechtigter Interessen) und des Erwägungsgrunds 47 a.E. („Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.“).
  • Unser Fazit: Die derzeitigen Entwicklungen im europäischen Rat sind aus Sicht der Onlinemarketing-Branche äußerst positiv zu bewerten. Es wird also keine Rückkehr zum reinen contextual advertising geben, wie ursprünglich zu befürchten war. Zu diskutieren bleibt, ob werbefinanzierte Inhalte das Modell der Zukunft bleiben, oder ob der Trend nicht doch hin zu registrierungsbasierten Diensten geht.